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Auch das Dörfliche hat seinen Preis

«Das Dörfliche soll bleiben», «Würenlos soll nicht um jeden Preis wachsen» – so und ähnlich lauten die behördlichen Kommentare zur Gesamtrevision der allgemeinen Nutzungsplanung (Link zu BT-Bericht). Am 15. Juli startet das öffentliche Mitwirkungsverfahren zu dieser Planungsvorlage, die das künftige Gesicht von Würenlos prägen wird. 

Einkaufsfreuden im Dorf von einst: Auslage mit Frischprodukten und Personal (Paula Lienhammer, links, und Rösli Günter) vor dem früheren Kaufhaus Konkordia an der Bachstrasse, vor 1962. (Bild: Familienbesitz Dahinten)

Die Stossrichtung der Revision – weder Einzonungen noch Aufzonungen in grösserem Ausmass –  dürfte der vorherrschenden Stimmung in der Bevölkerung Rechnung tragen. Es war jedenfalls der Tenor an den öffentlichen Workshops zur Nutzungsplanung. In der Würenblicker-Langzeit-Umfrage zur Bevölkerungsentwicklung (siehe rechte Randspalte) finden gar über die Hälfte der 329 bis heute Antwortenden, das der Nutzungsplanrevision zugrundegelegte Wachstumsziel von 7300 Einwohnern in 15 Jahren sei zu hoch. Dabei erwartet der Kanton in seiner Bevölkerungsprognose, welche die allgemeine Dynamik im Raum Limmattal berücksichtigt, für Würenlos eine Bevölkerungszunahme auf fast 7600 Einwohnerinnen und Einwohner im gleichen Zeitraum.

Dörflicher Charakter eines Ortes ist gut und recht, aber was ist eigentlich darunter zu verstehen? Ganz Unterschiedliches, wie die Würenloser Bevölkerung mit ihrem Verhalten zeigt.

Für die einen ist es vor allem der bauliche Charakter. Die “Häuschen-Schweiz”, aus der Kindheit vertraute Giebeldächer, gepflegte Vorgärten, gemütliche Gässchen und Ecken. Ob es noch die Wurst vom Dorfmetzger und den Sonntagszopf vom Dorfbeck gibt, ist ihnen egal. Man deckt sich ohnehin im Tägi oder Shoppy ein.

Andere verstehen unter dem Dörflichen vor allem ein bestimmtes soziales Zusammenleben. Man grüsst sich auf der Strasse, man kennt das halbe Dorf. Man verbringt die Freizeit im eigenen Verein und an geselligen Anlässen anderer Vereine.

Für andere wiederum ist das Funktionale wesentlich. Man kann im Dorf fast alles kaufen, was man fürs tägliche Leben so braucht. Wenn der Wasserhahn rinnt oder wenn der Zahn schmerzt, ist der Fachmann oder die Fachfrau nicht weit. Die Schulwege sind kurz, und zum Spielen sind die Kinder nicht auf das sterile Spielplätzchen hinter dem Haus angewiesen, irgendwo im Dorf warten auf sie grössere Abenteuer. 

Natürlich bedingen sich diese verschiedenen dörflichen Aspekte ein Stück weit gegenseitig. Doch für ein Lebensgefühl in pitoreskem Dorfbild hat man ja sein Chalet im Bündnerland. Und wer einen netten Pool im Garten hat, kann auf das dörfliche Schwimmbad pfeifen. Wer lieber zurückgezogen lebt, verzichtet noch so gern auf den zeitraubenden Schwatz mit Kretipleti beim Einkaufen. Und wer sein Kind ohnehin mit dem SUV zur Schule karrt, dem sind die Schulwege anderer Kinder schnurz. Kurzum: Jede und jeder kann auf seine Art glücklich werden. Und dies ist eigentlich das pure Gegenteil des Dörflichen. Denn schon vor Jahrhunderten hiess es: Stadtluft macht frei!

Dass jetzt der Dorfkern vermehrt Beachtung finden soll, ist bemerkenswert.  Denn einen Dorfkern nach landläufiger Auffassung hatte Würenlos nie. Die frühere Siedlung zog sich drei wichtigen Strassenzügen entlang – der Land, Schul- und Dorfstrasse und mittendrin die Zentrumswiese. Dichter war die Bebauung auch noch an der Mühlegasse und am mittleren Teil des Furtbachs. An der Land- und Schulstrasse ist der dörfliche Charakter von früher nur noch bruchstückhaft ablesbar.

Es hat also schon seine Richtigkeit, dass, wer durch unser Dorf fährt (oder geht!), gar nicht richtig mitbekommt, wo eigentlich das Zentrum liegt. Das Dorfzentrum muss neu erfunden werden. Doch was gehört in ein Dorfzentrum des 21. Jahrhunderts? Mehr Einkaufsläden – die immer mehr vom Online-Shopping konkurrenziert werden? Mehr Beizen – wo schon einige der bestehenden kaum über die Runden kommen? Die Post – wo wir um die bestehende fürchten müssen? Mehr Gesundheits- und Wohlfühlpraxen – ob wir uns das auch künftig leisten können? 

Die Nachfrage nach Wohnraum übersteigt heute schon das Angebot beträchtlich. Wohnen in Würenlos ist sehr teuer geworden. Sollte der Boom anhalten und sollten sich die Baulandreserven und Verdichtungsmöglichkeiten trotz Revision der Nutzungsplanung frühzeitig erschöpfen, würde es noch viel teurer werden. Dieser Preis wäre nicht in Geld zu bezahlen und hätte einen Namen: Gentrifizierung – einkommensschwächere würden durch wohlhabendere Haushalte aus der Gemeinde verdrängt. Gut zu beobachten im Kanton Zug, in Ausserschwyz, an beiden Zürichseeufern. 

Das Leben in Würenlos und dessen dörflicher Charakter sind heute stark geprägt von einer sehr gemischten Bevölkerung und einem breiten Mittelstand. Sollte dessen einkommensschwächere Teil aus der Gemeinde vertrieben werden, weil er sich das Wohnen hier nicht mehr leisten kann, dann wäre der Preis des Dörflichen endgültig zu hoch

Kampfwahl um Gemeinderatssitze

Am 29. September kommt es bei der Gesamterneuerungswahl des Gemeinderates zu einer Kampfwahl: Die wählerstärkste Ortspartei, die SVP, will auch wieder im Gemeinderat vertreten sein und hat den 40-jährigen Steven Schraner als Kandidat nominiert. Dies hat dieser selbst in der Facebook-Gruppe «Du bisch vo Würelos» bekannt gegeben. Bankfachmann Schraner ist bekannt geworden durch seinen Kampf gegen die Maskenpflicht an aargauischen Primarschulen. Nun setzt er sich für den Bau eines Pumptracks (Piste mit Buckeln und Steilwänden für BMX-Bikes) in Würenlos ein und hat dafür einen Verein mitbegründet.

Nun meldet das “Badener Tagblatts” am 29. Juni, dass auch die FDP beschlossen hat, ihren durch Rücktritt von Markus Hugi (FDP) auf Ende der Amtsperiode freiwerdenden zweiten Sitz zu verteidigen. Neben dem bisherigen Nico Kunz kandidiert für die FDP deren Ortsparteipräsident Consuelo Senn (58). Ausserdem kandidieren erneut Gemeindeammann Toni Möckel (parteilos) sowie Barbara Gerster Rytz und Lukas Wopmann (beide Die Mitte (ehemals CVP).

(Dieser Textkasten ersetzt eine frühere Meldung über die SVP-Kandidatur.)

Es wird gut, das Alterszentrum

Der Grundriss des Erdgeschosses (EG) zeigt anschaulich, wie stark gegliedert der im EG fast 120 Meter lange Bau ist.

Bis jetzt keine bösen Leserbriefe und wenig Kritik hinter vorgehaltener Hand. Recht positiv scheint das siegreiche Alterszentrum-Projekt «Margerite» im Dorfe aufgenommen worden zu sein. Vermag der Vorschlag der Zürcher Architekten Fiechter und Salzmann auch auf den zweiten Blick zu bestehen? Der Würenloser Architekt und 80+-Senior Hans Arnold hat «Margerite» genauer unter die Lupe genommen. (Red.)

Ein bekannter Spruch lautet: Was lange währt, wird endlich gut. Gilt dies auch für die Planung unseres Alterszentrums?

Was das heute vorliegende Konzept anbelangt ja, es hat sich den heutigen Bedürfnissen der alten Leute angepasst. Wäre es nach den vor Jahren durchgeführten Projektwettbewerben gegangen, hätten wir heute eine Lösung, die nicht mehr den Bedürfnissen entspricht. Warum? Die alten Leute möchten heute so lange wie möglich selbständig leben und nur die Dienstleistungen beziehen, die für sie nötig sind – im Gegensatz zum Konzept Altersheim, wo nur die Lösung «Vollpension» besteht, die auch zu einer Überbetreuung führen kann.

Dem Beurteilungsbericht (Download auf der Website des Vereins Alterszentrum Würenlos) ist zu entnehmen: «Der Alterszentrum-Neubau soll sich eigenständig und prägnant präsentieren und der Entwicklung des Dorfzentrums einen neuen Schub verleihen. Seine respektvolle gestalterische Antwort auf die heterogene Baustruktur der Nachbarschaft wird vorausgesetzt. Mit der präzisen Setzung im Terrain soll die städtebauliche Situation geklärt und die verschiedenen Nutzungszonen der Zentrumswiese, insbesondere des Zentrumsplatzes definiert werden.» – Erfüllt das prämierte Projekt diese Forderungen?

Schaut man sich die gebaute Umgebung an, kann darauf eigentlich nur mit eigenständiger Architektur geantwortet werden und dies tut das Projekt. Denn wo sollte es sich anbinden, an das Rössli, an die Post, an die Coop-Überbauung?

Entsteht ein Dorfzentrum? Ich meine ja. Der Platz im Zugangsbereich von der Landstrasse her könnte ein Dorfplatz werden. Eine leichte Verschiebung des vorderen Blocks von der Zentrumsschür weg würde diese Wirkung verstärken. Die Zentrumsschür sollte stärker in die ganze Anlage eingebunden werden. Der Umgebungsgestaltung sollte bei der Weiterplanung grosse Beachtung geschenkt werden.

Die kompakte Gebäudeform und die Platzierung der Anlage längs dem Furtbach schafft eine neue, attraktive Zentrumswiese.

Die Anordnung und Staffelung sowohl im Grundriss wie auch in der Höhe, gestaltet das beträchtliche Bauvolumen erträglich. Man lasse sich aber von der Computergrafik der Aussenansicht nicht täuschen, die Bäume darauf sind so gross, wie sie vielleicht einmal in hundert Jahren sind, die Gebäude wirken darum bescheiden in der Grösse.

Es entstehen sowohl auf der Seite Zentrumswiese wie auch auf Seite Furtbach abwechslungsreiche Fronten. Der Weg von der Landstrasse zur Dorfstrasse gewinnt an Attraktivität sowohl wenn man über den alten Rössliweg geht, wie auch über den neuen Weg entlang des Furtbaches.

Die Idee den Pflegebereich und die Alterswohnungen in einem Gebäudekomplex unterzubringen und diese im Erdgeschoss miteinander zu verbinden, ist überzeugend. Die Erschliessung wird vereinfacht und die Bewohner der Alterswohnungen erreichen so alle internen Servicestellen, wie Spitex, Therapie oder Verpflegung, ohne das Haus zu verlassen.

Sowohl im Pflegebereich wie auch im Bereich der Alterswohnungen hat es in jedem Geschoss immer einen kleinen «Dorfplatz», welcher der Gemeinschaftspflege dient.

Man kann sagen: Was lange währt, wird endlich gut.

Liebe Leserinnen und Leser: Was halten Sie vom Projekt? Benützen Sie die Kommentarfunktion, um begründete Kritik oder Anregungen einer breiteren Leserschaft und der Bauherrschaft (Alterszentrum Würenlos AG) zu Kenntnis zu bringen. Das definitive Projekt wird nun erst ausgearbeitet.

Eröffnungen

Zwei Projekte, über die würenblicker in den letzten Monaten berichtet hat, finden nun ihren Abschluss. Am Montag, 22. Oktober, eröffnet Beck Arnet seinen neuen Laden mit Café in den Räumlichkeiten der früheren Drogerie am Bach. Und am Samstag, 3. November, wird der neu gestaltete Hasel-Platz an der Einmündung der Hasel- in die Dorfstrasse offiziell eingeweiht.

Über die Rückkehr von Beck Arnet mit einem eigenen Laden habe ich vor allem darum berichtet, weil die alt eingesessene Bäckersfamilie einen Teil ihres Geschäfts in Würenlos auf eine unkonventionelle Art finanziert hat: Mit Crowdfunding (Link zum ursprünglichen Bericht). Die sonst eher von Start-ups gewählte Teilfinanzierung auf der Plattform wemakeit.ch (Link) wurde am vergangenen 8. Juli, 17.12 Uhr, erfolgreich abgeschlossen. 121 Unterstützer zahlten insgesamt 25 720 Franken ein. Das sind 102% von dem, was sich die Arnets als Ziel gesetzt hatten und natürlich nur ein Bruchteil dessen, was der schön gestaltete neue Laden kostet. Jedem Unterstützer winkte eine Belohnung, abhängig von der Höhe des Beitrags. Am meisten, nämlich 46 Mal, gewählt wurde ein Beitrag von 50 Franken. Belohnung: Champagnerbrunch an einem Sonntag.

Der im Januar erschienene Artikel über das neue Plätzchen an der Dorfstrasse war eine eigentliche Liebeserklärung: “Ein Plätzchen als Schätzchen”, so der Titel. Jetzt hat dieses Schätzchen nicht nur einen Namen erhalten – Hasel-Platz –, es wird auch angemessen eingeweiht. Am 3. November, um 10.00 Uhr. Die Ortsbürger spendieren allen Teilnehmenden einen Imbiss! Diese Ankündigung gibt mir Gelegenheit, eine Scharte auszuwetzen. Ein junger Ortsbürger hat mich nämlich schon im Sommer freundlich darauf hingewiesen, dass die Ortsbürgergemeinde die gesamte Gestaltung des Plätzchens finanziert und nicht bloss – wie von mir vermeldet – die hölzerne Bank gespendet habe. Eine Ausnahme ist der aus dem Jahre 1895 stammende Brunnen. Er ist eine Gabe des ehemaligen Brunnenmeisters Felix Brunner.

Ein Plätzchen als Schätzchen

Aufwertung für die Dorfstrasse, das neue Plätzchen bei der Einmündung der Haselstrasse.
Wie mit planerischer Sorgfalt und mit relativ geringem Aufwand das Ortsbild verschönert und der Aufenthalt im öffentlichen Raum erfreulicher gestaltet werden kann, zeigt sich nun an der Dorfstrasse. Bei der Einmündung der Haselstrasse ist in den letzten Wochen ein schmuckes Plätzchen entstanden.

Das teils gekieste, teils gepflästerte Plätzchen ist zurückhaltend «möbliert»: Ein Baum samt Sitzbank rundherum, ein alter Brunnen, zwei mächtige Holzbalken und ein Steinkreis als weitere Sitzgelegenheiten und einige Steinblöcke gegen Wildparkierer. Sponsoren der Sitzbalken sind die Ortsbürger, es wird darauf diskret für vermehrte Verwendung einheimischen Holzes geworben. Der Brunnen ist eine Leihgabe des früheren Brunnenmeisters Felix Brunner.

Das Auge des Dorfflaneurs nimmt das Plätzchen mit Dankbarkeit wahr. Statt mit öden Sicht- und Lärmschutzwänden (wie gleich gegenüber an der Dorfstrasse) abgewertet, ist hier der Strassenraum aufgewertet worden. Eine neue Wegmarke ist entstanden. Im vordersten Teil der Überbauung Gatterächer West hat zwar das einstige Bauernhaus Haselstrasse 1 weichen müssen. «… mit seinem grossen (inzwischen verwilderten) Vorgarten trägt es wesentlich zum lebendigen und abwechslungsreichen Strassenraum bei», schrieb Martin Brogle in den Würenloser Blättern 2010 in seinem zusammen mit Felix Wyss verfassten Beitrag «Fünf vor zwölf für die Dorfstrasse». Nun hat der Vorgarten wenigstens einen würdigen Ersatz gefunden.

Das neue Plätzchen ist nicht nur Schmuck, es hat auch eine Funktion. Es macht es attraktiver, zu Fuss im Dorf unterwegs zu sein. Denken wir nur an die älteren und alten Menschen, die in immer grösserer Zahl anzutreffen sind. Auf ihrem Spaziergang oder Einkaufsweg schätzen es viele von ihnen gewiss, da kurz ausruhen zu können. Wenn der Baum im Sommer ausreichend Schatten spenden wird, werden vielleicht auch junge Mütter mit Kindern hier verweilen. Und die Kindergärtler vom Gatterächer werden wohl dank des Brunnens öfters nässer nach Hause kommen, als es die Wetterlage erwarten liesse. Das mag die Eltern nicht erfreuen, steigert aber den von Pädagogen hoch gepriesenen Erlebniswert des Schulwegs ungemein.

Zu lange sind in Würenlos die Strassenräume gestalterisch ziemlich vernachlässigt worden. Wie gut täte doch eine gestaltete Freifläche wie hier an der Ecke Dorf-/Haselstrasse dem «zusammengemosteten» Bickackerquartier! In seinem Leitbild zur Gemeindentwicklung von 2015 hatte es sich der Gemeinderat zum Ziel gesetzt, der Gestaltung des Strassenraumes mehr Aufmerksamkeit zu schenken und so die qualitative Entwicklung zu fördern sowie die Verkehrssituation im Dorf zu verbessern. Mit dem Plätzchen an der Dorfstrasse ist ein Anfang gemacht worden.

Musste der Neuüberbauung Gatterächer West weichen: Das Bauernhaus Haselstrasse 1 mit seinem zuletzt verwilderten Vorgarten.