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Post-Deal konnte nicht überzeugen

Die Gemeindeversammlung vom 7. Dezember hat den Verkauf des Postareals an eine Investorengruppe vorläufig gestoppt. Die Versammlung dauerte dreieinhalb Stunden und verlief ungewohnt lebhaft.

Mit 101 Ja gegen 31 Nein haben die 159 anwesenden Stimmberechtigten den vorgelegten Kaufrechtsvertrag Post überaus deutlich an den Gemeinderat zurückgewiesen. In der längeren Diskussion wurde vor allem kritisiert, dass im Vertrag die privaten Investoren klar bevorteilt würden und der Verkaufspreis zu tief sei. Gemäss Vertrag hätte die Investorengruppe um die Wettinger Architektur- und Immobilienfirma Thalmann Steger, die bereits ein Kaufrecht für den Gasthof Rössli nebenan besitzt, fürs Postareal weniger bezahlen müssen als die Gemeinde seinerzeit für den Kauf ausgeben musste. Der Preis hätte 350 000 Franken unter dem Wert gelegen, zu dem das Postareal in der Gemeindebuchhaltung steht. Dieser Schnäppchenpreis leuchtete dem Stimmvolk nicht ein. Ebenso hielt es die Frage nicht wirklich beantwortet, weshalb die Gemeinde das Postareal jetzt verkaufen will – bevor der auszuhandelnde Gestaltungsplan für das gesamte Post- und Rössliareal in trockenen Tüchern ist. 

Dass der Gemeinderat das Ortszentrum baulich und gestalterisch aufwerten will, ist an sich zu begrüssen. Die Gemeinde hat vor 5 Jahren die Post aus strategischen Gründen gekauft hat, um bei dieser Umgestaltung ein gewichtiges Wörtchen mitreden zu können. Ein Gestaltungsplan für das Post- und Rössliareal soll auch ermöglichen, das künftige Alterszentrum besser zu erschliessen. Nicht eingeleuchtet hat den Stimmberechtigten aber, weshalb die Gemeinde das Posteigentum als Trumpf aus der Hand geben will, bevor ein überzeugender Gestaltungsplan ausgehandelt ist. 

Nicht gestochen hat auch das Argument, die Realisierung des Alterszentrums könne sich durch die Rückweisung nochmals verzögern. Das muss aber keineswegs so sein, liesse sich doch etwa der zur besseren Erschliessung des Alterszentrum erforderliche Ausbau der Poststrasse (zwischen Post und Coop)  auch realisieren, solange die Post im Besitz der Gemeinde ist. Und wenn schon: Der Zweck heiligt doch nicht alle Mittel.

Aus meiner Sicht stärkt die Rückweisung des Kaufrechtsvertrags die Stellung des Gemeinderates in Sachen Dorfzentrum entscheidend stärkt. Denn es ist nie gut, wenn sich Immobilieninvestoren in einer Gemeinde oder Stadt allzu sicher fühlen. Die Gemeinde darf ihnen ruhig zeigen, «wo Bartli den Most holt». Ein Zusammenraufen führt in der Regel zu langfristig faireren und besseren Lösungen.

Nur mit Stichentscheid des Gemeindeammanns gutgeheissen wurde ein Zusatzkredit von 870’000 Franken für den zweiten Teil des Gemeindehaus-Umbaus. Opponiert hatten hier vor allem die Finanzkommission und die SVP. Die Gegnerschaft bezeichnete den Umbau, der umfassender ausfallen soll als im urspünglichen Projekt in dieser Form, als unnötig und reinen Wunschbedarf. Abstimmungsergebnis: 67:67. Gemeindeammann Toni Möckel, der dann das Zünglein an der Waage spielte, hatte zuvor das Projekt verteidigt. Es sei auch ein Zeichen der Wertschätzung für das Gemeindepersonal. Der Zusatzkredit ist aber noch nicht definitiv gesprochen, die SVP hat umgehend ein Referendum angekündigt.

Zurückgewiesen wurde auch der Teilausbau des Rössliwegs im östlichen Teil – ein Geschäft, das im Zusammenhang mit dem Altersheimprojekt steht, dies aber gemäss dem Antragsteller nicht verzögern soll, weil er für die Überarbeitung des Projekts einen sehr gedrängten Zeitplan forderte.  Kritisiert hat er am zurückgewiesenen Projekt, dass es zu viel Land von privaten Anstössern beanspruche, während die gemeindeeigenen Liegenschaften gegenüber, wo die Kinderoase eingemietet ist, geschont würden. Von anderer Seite bemängelt wurde aber auch, dass die Spielflächen von Hort und Kita durch die Strassenverbreiterung zu stark beschnitten würden.

Dem Budget 2022 mit gleichbleibendem Steuerfuss von 103 Prozent, mehreren Sanierungen von Werkleitungen, Bauabrechnungen und 18 Einbürgerungen wurde diskussionslos zugestimmt. Zum Schluss wurden jene Behördenmitglieder geehrt und mit Applaus verabschiedet, die auf das Ende der Amtsperiode2017 – 2021 ausscheiden. Das sind einmal die Schulpflege in Corpore – diese Behörde wird aufgehoben. Sowie einzelne Mitglieder der Finanz- und Steuerkommission. Und last but not least Gemeinderat Markus Hugi (FDP), der nach 61/2  Amtsjahren nicht mehr zur Wiederwahl antrat.

Das Postareal zum Schnäppchenpreis

Vor 5 Jahren hat die Gemeindeversammlung die Post an der Landstrasse zum Preis von 1,9 Millionen gekauft. Jetzt will der Gemeinderat diese Liegenschaft an ein privates Baukonsortium weiter veräussern – zu einem tieferen Preis, als die Gemeinde vor 2 Jahren dafür bezahlt hat. Die Gemeindeversammlung vom 7. Dezember soll den Kaufrechtsvertrag absegnen.

Auf dm Areal der Post (Bildmitte) und des Gasthofs Rössli soll eine grössere Wohnüberbauung entstehen. Der denkmalgeschützte Gasthof Rössi (rechts hinten) bliebe bestehen.

Hinter dem Deal steht die Wettinger Architekturfirma Thalmann Steger, die schon in die Planung des ganzen Steinhof-Areals involviert war. Zum Kauf des Postareals hat sie ein Konsortium gebildet, das laut Gemeinderat bereits den Gasthof Rössli und seine Nebengebäude samt Umschwung erworben hat. Das Konsortium besteht zum einen aus der imhuus AG, die zu 100% Martin Thalmann (VR-Präsident der Thalmann Steger Architekten AG) und Olivia Thalmann gehören soll. Und zum anderen aus der Zürcher Immobilienfirma ImmoZins AG. Das Konsortium beabsichtigt eine Wohnüberbauung mit Gewerbeanteil (u.a.neue Postfiliale) auf dem Rössli- und Postareal. Der denkmalgeschützte Gasthof selbst muss bestehen bleiben.

Es irritiert, dass eine Liegenschaft für weniger Geld verkauft werden soll, als sie vor fünf Jahren erworben wurde (in einer ersten Version des Artikels stand, die Post sei vor zwei Jahren gekauft worden. Das war ein Versehen, für das sich würenblicker entschuldigt) . Zumal die Landpreise in jüngster Zeit raketenhaft in die Höhe gestiegen sind. Das Konsortium soll noch 1,85 Mio. Franken bezahlen – ein Schnäppchenpreis, oder eher ein Freundschaftspreis?

In der Finanzbuchhaltung der Gemeinde steht die Liegenschaft heute mit einem Wert von rund 2,2 Mio. Franken. Und die von der Gemeinde beauftragte Immobilienfirma Markstein hat den aktuellen Marktwert auf fast 2,3 Mio. Franken geschätzt.

Im jetzt abzusegnendem Vertrag erhält das Konsortium 5 Jahre Zeit, um sein Kaufrecht auszuüben. Hält der Preisanstieg in den nächsten Jahren an, könnte das Postareal beim effektiven Verkauf durchaus 2,4 Mio. Franken oder mehr wert sein. Die Wahrscheinlichkeit weiter steigender Preise ist nicht geringer als die Wahrscheinlichkeit stagnierender oder sinkender Preise. Selbst die beteiligte ImmoZins AG sieht das so. Auf ihrer Website, auf der sie Geldgebern happige Renditen verspricht, ist zum Immobilien-Markt zu lesen: «Mittelfristig kennen Nachfrage und Preise weiterhin nur eine Richtung – nach oben.» – Von einer fairen Risikoverteilung zwischen der Gemeinde und dem Konsortium kann keine Rede sein.

Gegen den Verkauf an sich ist nichts einzuwenden. Der Gemeinderat sagt zu Recht, das Postareal sei zu einem rein strategischen Zweck erworben worden und nicht als langfristige Anlage. Die Gemeinde versprach sich vom Kauf einen gezieltere Mitbestimmung bei der Entwicklung eines richtigen Dorfzentrums und einen grösseren Spielraum für die Verkehrserschliessung des geplanten Alterszentrums.

Der Gemeinderat vertritt überdies die Meinung, bei der Veräusserung der Postparzelle könne nicht der Verkaufspreis allein entscheidend sein. «Vielmehr darf eine optimale bauliche Entwicklung und räumliche Gestaltung des Dorfzentrums die Gemeinde etwas kosten.» Einen Preisrabatt rechtfertigt dies aber nicht. Was ist denn konkret die Gegenleistung? Von einer Bauherrschaft, der die Gemeinde Land verkauft, darf erwartet werden, dass sie die nötige Sorgfalt bei der Planung walten lässt. Und es ist die verdammte Pflicht einer Baubehörde, bei Bauvorhaben an einem so sensiblen Ort im Dorf auf optimalen Lösungen zu bestehen, ohne gleich die Geldtasche zu öffnen. Beim Steinhof-Areal ist es schliesslich auch gegangen.

Vieles, was die Gemeinde bei der Zentrumsplanung anstrebt und was als Bedingungen im Kaufsrechtvertrag steht, liegt in beiderseitigem Interesse. Die gemeinsame Tiefgaragenlösung für Alterszentrum und das Post/Rössli-Areal, die damit verbundene Landabgabe für eine breitere Poststrasse sind Win-Win-Lösungen. Und eine hohe Ausnützung des Postareals läuft den Interessen des Konsortiums gewiss nicht entgegen.

Der Gemeinderat hält einen Gestaltungsplan für das Post-/Rössliareal für unabdingbar. Das wusste das Konsortium, als es mit einer Kaufofferte an die Gemeinde trat. Und es gehörte wohl auch zu seinem Kalkül. Denn ein Gestaltungsplan ermöglicht das Abweichen von den allgemeinen Bauregeln für die jeweilige Zone. Die Post steht in der Kernzone. Der Kaufrechtsvertrag geht davon aus, dass fürs Postareal die Ausnützungsziffer von 0,75 (gemäss neuer Bau- und Nutzungsordnung, noch gültige BNO: 06) auf 0,8 angehoben wird.

Das Festlegen einer höheren Ausnützung im Gestaltungsplan kompensiert rasch einmal allfällige Nachteile für den Bauherrn. Und dass die Gemeinde und das Konsortium eine Arbeitsgruppe bilden, die sich um den Gestaltungsplan kümmert, kommt bei diesem Bauvorhaben beiden Parteien nur zugute.

Für einen Verkaufspreis, der unter dem Wert liegt, zu dem die Post in den Büchern der Gemeinde steht, ist definitiv kein Platz. So fliesst Steuergeld ungerechtfertigt zu privaten Unternehmen und weitet mutmasslich deren Gewinnmarge aus. Das stört hoffentlich nicht nur mich.

Run auf Filet-Stücke

Bewegung in der lokalen Immobilien- und Gewerbeszene. Beck Schwab geschlossen, Rössli wird verkauft. Und zweiter Grossverteiler auf Standortsuche.

Betroffenheit nicht nur bei seinen Stammkunden ausgelöst hat das Geschwisterpaar Stefanie und Martin Schwab mit ihrer kurzfristig erfolgten Mitteilung, dass die Firma Schwab-Beck den Betrieb sofort einstelle. Grund sei der Pandemie-bedingte völlige Umsatzeinbruch beim Partyservice. Mochten die Meinungen auch auseinander gegangen sein, wer denn das beste Brot backe, so ist die Schliessung eines solchen Familienbetriebs immer ein Verlust. Auch wenn dadurch kein Versorgungsengpass eintritt. Mit zwei Bäckerei-Fachgeschäften neben Coop und Volg  hatten Brotliebhaber zuvor – und haben sie noch immer – mehr Auswahl als in vielen anderen Dörfern.

Dank der starken Bevölkerungszunahme konnte von einem Lädelisterben in Würenlos nie die Rede sein, weder nach Eröffnung der Einkaufszentren in Spreitenbach noch jetzt im Zeitalter des Online-Shoppings. Mehr Läden als vor 30, 40 Jahren sind es aber nicht geworden. Nun berichten Landbesitzer, die Migros Aare sei auf der Suche nach einem Standort für einen Supermarkt in Würenlos, Kommt Migros, könnte das den Handel mit Waren des täglichen Bedarfs im Dorfe gründlich durchschütteln. Allerdings: Für grössere Ladenflächen bieten sich nur noch ganz wenige Areale an.

Möglicherweise hat Migros eines davon bereits im Auge. Einen breiten Landstreifen entlang der Landstrasse vis-a-vis der Raiffeisenbank. Der Streifen ist heute mit dem alten Bauernhof Meier (letzte Mieterin: Tauchschule) und einem Einfamilienhaus (ehemals Dorfarzt Zindel) stark unternutzt. Die rund 5300 Quadratmeter, die teils in der Wohn- und Gewerbezone, teils in der Wohnzone W2 liegen, haben unlängst die Hand gewechselt. Wie eine Grundeigentümerabfrage  auf dem Online-Karten-Portal des Aargaus (Link) zeigt, gehört das Areal jetzt drei Tochtergesellschaften der Wettinger  KMP Architektur AG

Ein Grossverteiler und Publikumsmagnet auf diesem Areal wäre zwar den planerischen Zielen eines kompakteren Dorfzentrums im Dreieck zwischen Bahnhof, Raiffeisenkreisel und Gemeinde-/Schulanlage nicht unbedingt förderlich. Der Standort wäre aber, was die Verkehrserschliessung betrifft, weniger problematisch als irgendwelche andere Möglichkeiten im eigentlichen Dorfzentrum. 

Auch ein zweiter Immobilienhandel gibt zu reden. Der altehrwürdige Gasthof Rössli wird von der Besitzerfamilie Meier verkauft. Weil der Verkauf aber noch nicht in trockenen Tüchern sei, wollte die Wirtefamilie im Mai dem Badener Tagblatt (Link) den Käufer noch nicht nennen. Wie nun aus zuverlässiger Quelle zu erfahren ist, soll es eine andere in Würenlos bestens bekannte Wettinger Immobilienfirma sein: Thalmann Steger Architekten AG. Dass sie es mit alten Gasthöfen können, haben Thalmann Steger schon beim Steinhof bewiesen. Wobei sie dort ja nicht gleich Investoren waren. Was haben sie wohl mit dem Rössli vor? 

Noch eine aktuelle Meldung aus dem Gemeindehaus zum Thema Bau und Handel: Der Gemeinderat hat der Landi Furt- und Limmattal die Baubewilligung für ihren Neubau samt Tankstelle westlich des Bahnhofs Würenlos erteilt.

Mit Immobilien, allerdings in bescheidenerem Ausmass, hat sich auch die Gemeindeversammlung vom 8. Juni befasst. Erworben oder verkauft wurde zwar nichts. Aber sowohl dem Reitverein Würenlos und Umgebung wie dem SV Würenlos wurden zinslose, jährlich rückzahlbare Darlehen in der Höhe von je CHF 250’000 gewährt – für den Bau der neuen Reithalle bzw. des Garderobengebäudes beim neuen Sportplatz im Tägerhard. Dies missfiel einem Stimmbürger. Er persönlich würde auch nicht Nein sagen zu einem solchen zinslosen Darlehen der Gemeinde, meinte er. Nun, dass die Gemeinde den Dorfvereinen bei grösseren Investitionen unter die Arme greift, macht schon Sinn. Wir wollen schliesslich ein vielfältiges Dorf- und Vereinsleben. Und Sinn macht auch, dass jetzt nicht wie früher jeweils à-fonds-perdu-Beiträge–, sondern Darlehen ausgerichtet werden.

Leicht irritiert hat mich, dass SVW-Präsident Edgar Gut um die Aufstockung des vom Gemeinderat  beantragten Darlehens um 100’000 Franken ersuchen musste. Denn die Baukosten würden höher und der Beitrag vom Sport-Toto merklich geringer ausfallen als ursprünglich gedacht. Hätte man das nicht vor dem Darlehensgesuch an den Gemeinderat sorgfältiger abklären können? Da ist ja nur zu hoffen, dass beim Bau des Garderobengebäudes weniger salopp ans Werk gegangen wird und die Gemeinde später nicht nochmals um Hilfe angerufen werden muss. Weil den Stimmberechtigten klar war, dass wegen dem höheren Darlehen die Welt nicht untergehen würde, zogen sie mit grossem Mehr den Antrag Gut dem offiziellen des Gemeinderats vor.