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Nutzungsplanung: Interesse steigt schon noch

15. Juli: Zig Würenloser Familien geniessen das langersehnte Strandleben oder wandern durch die einheimische Bergwelt. Es beginnt aber auch das öffentliche MItwirkungsverfahren zur Totalrevision der Allgemeinen Nutzungsplanung unserer Gemeinde. Anderthalb Monate lang bis 30. August können die Entwürfe des Bauzonenplans, des Kulturlandplans, sowie der Bau- und Nutzungsordnung BNO) beim Bauamt eingesehen und auf der Website www.wuerenlos.ch heruntergeladen werden. 

Im Vorfeld fand eine Orientierungsversammlung statt. Die «Limmatwelle» hat am 8. Juli über die Veranstaltung geschrieben, was dazu geschrieben werden kann: Die Arbeit an der Totalrevision dauerte lang, viele haben mitgewirkt, eine Spezialkommission, Fachplaner, mehrere Arbeitsgruppen mit BürgerInnen-Beteiligung. Eine Vielzahl übergeordneter Bestimmungen waren zu beachten, Begriffe durch neue zu ersetzen, Veraltetes zu streichen. Nach den Referaten brummt mir noch jetzt der Kopf. Gibt es keine moderneren Präsentationsformen als eine Parade überladener Folien und Pläne, um ein von Fachwissen unbelastetes Publikum zu informieren? Zu informieren über ein Geschäft, worüber dereinst eine Gemeindeversammlung – vermutlich im Dezember nächsten Jahres – entscheiden wird. 

Die Nutzungsplanung spurt die weitere Entwicklung unserer Gemeinde vor. Aber im Publikum am meisten interessiert doch, ob das eigene Grundstück von Änderungen betroffen ist. Wenn ja, hoffentlich im positiven Sinn. Anders als bei früheren Revisionen der Nutzungsplanung wird es diesmal nicht zum grossen Feilschen um Einzonungen kommen. Dafür haben Bund und Kanton gesorgt. Der weiteren Zersiedelung des Landes ist Einhalt zu gebieten. Durch Wachstum nach Innen, Verdichtung der Siedlungen. Und dafür, dass diese Verdichtung und das mögliche Wachstum unserer Gemeinde moderat ausfallen werden, dafür hat der Gemeinderat mit seinen Vorgaben gesorgt. Wir wollen ja ein Dorf bleiben und als solches auch baulich wahrgenommen werden. 

Wie klärt der planungs- und baurechtlich nicht versierte Grundeigentümer – es kann auch eine um ihre günstige Altbau-Wohnung fürchtende Mieterin sein – die persönliche Betroffenheit ab?Ohne gleich «den Doktor in Baurecht zu machen»?

Ein guter Anfang ist, den neuen Bauzonenplan zu studieren. Heisst die Bauzone, in der die eigene Parzelle liegt, plötzlich W2E statt E2 oder ÜD statt D? Legt sich über die Parzelle am Furtbach blaue Farbe?  Dann ist es sicher ratsam, sich darüber schlau zu machen, was das bedeutet.

Selbst wenn das Grundstück vor und nach der Revision in der gleichen Bauzone liegt, wäre Entwarnung verfrüht. In der Zone W 2 z.B. sinkt neu die Ausnutzungsziffer von bisher 0.55 auf 0.45. Und 7.50 Meter betrug bisher die maximale Gebäudehöhe, nun darf die Fassadenhöhe maximal 7.50 Meter betragen. Wo liegt der Unterschied, was bedeuten die neuen Masse?

Hilfreich wäre es gewiss, für Erklärungen eine Architektin, ein Architekt zur Hand zu haben, etwa als Schwiegertochter oder Kegelbruder. Falls nicht, wirft die Gemeinde den Rettungsring. Auf Voranmeldung hin werden Auskünfte erteilt auf individuelle Fragen. Wann? Am Dienstag, 10. August, von 9 – 11 und von 17 – 20 Uhr, sowie am Samstag, 14 August von 8 – 12 Uhr. Die Schulferien werden dann vorbei sein.

Bis 30. August kann jede und jeder zum Entwurf der Nutzungsplanung schriftlich Stellung nehmen und Änderungen vorschlagen – es gibt hierfür ein Formular. Gemeindeammann Toni Möckel hat an der Infoveranstaltung dazu aufgerufen, davon Gebrauch zu machen, wenn man mit irgendetwas nicht einverstanden sei. Denn so könne man sich noch auf konstruktive Weise einschalten.

Wer ein Interesse gelten machen kann, kann aber später nochmals intervenieren. Der Gemeindeversammlung geht nämlich noch das eigentliche Auflageverfahren voran. Darin kann gegen missliebige Inhalte der Allgemeinen Nutzungsplanung eine  Einwendung (Einsprache) gemacht werden. Nach einer Einwendungsverhandlung entscheidet der Gemeinderat dann formell. Doch daran wird die Gemeindeversammlung nicht gebunden sein, Will sie am Entwurf wesentliche Änderungen vornehmen, so kann sie den betreffenden Teil zur Überarbeitung an den Gemeinderat zurückweisen.

Der mit 60 Teilnehmenden am Infoabend eher geringe Zulauf darf nicht täuschen. Das Interesse an der Revision wird wachsen, je näher die entscheidende Gemeindeversammlung rückt. Gemeindeversammlungen über Allgemeine Nutzungsplanungen erreichen in der Regel Rekordbeteiligungen.

Hoffnungsvoller Auftakt

Die Revision der Nutzungsplanung ist angelaufen.

Wer hätte das gedacht! Als letztes Jahr der Gemeinderat Würenloserinnen und Würenloser suchte für die Mitarbeit an der Gesamtrevision der Nutzungsplanung, staunte er nicht schlecht: Auf die Ausschreibung hin gingen nicht weniger als 40 Bewerbungen ein. Von wegen lokalpolitischem Desinteresse!

Dabei geht es ja nicht um einen unverbindlichen Karaoke- oder Kleidertauschabend, sondern um ein längeres Engagement mit grösserem Zeitaufwand – und um eine ziemlich wichtige Sache. Es gibt also noch Bürgerinnen und Bürger, welche die Zukunft ihres Wohnumfeldes mitgestalten wollen und sie nehmen ihre Mitarbeit ernst. Zur Startveranstaltung der Gesamtrevision im Gmeindschäller erschienen sie vollzählig – ohne Ausnahme.

Gut, hat der Gemeinderat – anders als anfänglich beabsichtigt – keine Auswahl aus all den Bewerbungen getroffen. Weil man längst nicht alle Bewerber gekannt habe, wäre dies auch schwer gefallen, sagt Gemeindeammann Toni Möckel. Für alle fand sich ein Plätzchen in einem Gremium.

Ich kam in der Arbeitsgruppe Verkehr unter, in dieser Gruppe als einziges Mitglied im Rentenalter übrigens. Die Arbeitsgruppe leistet Vorarbeiten für einen Kommunalen Gesamtplan Verkehr. Meinungsbildung und Ergebnisse der Arbeitsgruppe sind vertraulich, ich werde darüber an dieser Stelle nicht berichten. Die Nutzungsplanung dürfte trotzdem immer wieder Thema im würenblicker sein.

Die Nutzungsplanung ist kompliziert. Vorbereitet, gesteuert und begleitet wird sie denn auch von einem Team aus Fachleuten (Raum- und Verkehrsplaner, Juristen, Landschaftsarchitekt usw.). Primavista überzeugt deren Auswahl. Man könnte aufgrund früherer Erfahrungen (etwa in der Bürgergruppe der Testplanung 2009/10) befürchten, die Bürgermitwirkung bleibe eine reine Alibiübung. Ich glaube das nicht. Denn mittlerweile scheint beim Gemeinderat die Einsicht vorhanden zu sein, dass engagierte Bürger ernst genommen werden wollen und mit konstruktiven Beiträgen viel zum guten Gelingen komplexer Planungsprozesse beitragen können.

Letztlich muss in einer Demokratie ja die Bevölkerung sagen, welche Entwicklung die Gemeinde in den nächsten Jahrzehnten nehmen, welches Gesicht sie erhalten soll. Spätestens ums Jahr 2021 wird die Stunde der Wahrheit kommen, wenn die neue Bau- und Nutzungsordnung den Demokratietest an der Gemeindeversammlung bestehen muss.

Die jetzige Totalrevision unterscheidet sich von der letzten markant – in der Sache wie im Vorgehen. Materiell steht nicht länger die Ausweitung des Baugebiets im Vordergrund, sondern die Entwicklung nach innen: Im jetzigen Siedlungsgebiet sollen dereinst mehr Menschen wohnen als heute – wie viele mehr, das ist eine der Fragen, die gemeinsam zu klären sind.

Für den Einbezug der Bevölkerung wurde mit der Ausschreibung ein gänzlich neuer Ansatz gewählt. Das letzte Mal noch war die Spezialkommission weitgehend mit Parteileuten und Interessenvertretern besetzt. Dies hat meiner Ansicht nach zu einigen fragwürdigen und unzweckmässigen Festlegungen geführt.

Wie werden nun all die interessierten Bürger mitwirken?
– als Mitglied der Spezialkommission, die das ganze Geschäft bis zur Abstimmungsreife bringt, oder
– als Mitglied einer der drei thematischen Arbeitsgruppen (Natur + Landschaft/Landwirtschaft, Bau- und Nutzungsordnung, Verkehr) oder
– als Mitglied der Resonanzgruppe, welche die Arbeitsergebnisse der anderen Gremien laufend beurteilt, damit ja nicht an der Bevölkerung vorbei geplant wird.
Der Zeitaufwand ist unterschiedlich. Für Kommissionsmitglieder ist er erheblich grösser als für uns in einer Arbeitsgruppe.

Die Auftaktveranstaltung im Gmeindchäller hat mich hoffnungsvoll gestimmt. Ein breiter Mix von Leuten hatte sich da versammelt: Weniger der «üblichen Verdächtigen», denen man an lokalpolitischen Anlässen sonst begegnet. Um gefühlte 10 bis 20 Jahre niedriger war der Altersdurchschnitt als an einer durchschnittlichen Gemeindeversammlung, an der es nicht gerade um Schulbauten oder Sportanlagen geht.

Erfreulich viele Leute traf ich, die erst in den letzten Jahren zugezogen sind. Dass sie ihren neuen Wohnort mitgestalten wollen, ist sehr wertvoll, können sie das doch unbelastet von Vorgeschichten tun. Auch Frauen sind glücklicherweise dabei. Ihr Anteil hätte aber noch etwas grösser ausfallen dürfen, sind Frauen doch von raumplanerischen Entscheiden auf Gemeindeebene oft stärker betroffen als Männer – zum Beispiel als Mütter oder Konsumentinnen, die täglich im Dorf unterwegs sind.

Klar, der Tatbeweis ist erst noch zu erbringen, dass die gewählte offene Form der Bürgerbeteiligung zu einem guten Ergebnis führt. Aber die Vorfreude auf spannende und fruchtbare Diskussionen war im Gmeindschäller bei allen spürbar– auch beim Gemeinderat. Und das ist doch schon mal nicht wenig.

Liebe Leserin, lieber Leser, Sie haben sich aus irgendwelchen Gründen nicht um die Mitarbeit an der Nutzungsplanung beworben, möchten sich aber trotzdem in die Diskussion einbringen? Schreiben Sie als Gastautorin oder -autor einen Beitrag auf würenblicker! Bitte nehmen Sie mit mir Kontakt auf, damit wir die Modalitäten besprechen können. (Kontaktformular in der Kopfleiste).

Das rote Häuschen

Würenlos wird in den nächsten vier Jahren seine Nutzungsplanung überarbeiten. Das wird noch viel zu reden geben, auch im würenblicker. Denn es geht um Weichenstellungen für die kommenden Jahrzehnte. Würenlos wird weiter wachsen – die kantonalen Raumplanung zählt unser Dorf zum so genannten «urbanen Entwicklungsraum». Anders als bei früheren Revisionen steht nun nicht mehr die Ausweitung des Siedlungsgebietes im Vordergrund, sondern die bauliche Entwicklung «nach innen». Ein fast schon philosophischer Einstieg ins Thema von Hans Arnold. (Red.)

Inmitten von Neubauten steht das renovierte, dunkelrote Häuschen im Zentrum von Rüti ZH*. (Foto: Leonhard Arnold)

Nicht ganz dicht – unter diesem Titel erschien im «Tages-Anzeiger»  vom 25. Januar ein Text über die bauliche Verdichtung inZentrum von Rüti im Kanton Zürich. Links vom roten Haus (auf dem Bild oben in der Mitte) war ein kleines Hochhaus geplant, als Ergänzung zu den anderen Neubauten. Es gab Einsprachen, und schliesslich einigte man sich auf diese Lösung. An Stelle des Hochhauses entstand ein Neubau (links), der sich architektonisch dem Dorfbild anpasst, und das Häuschen blieb stehen.

Auch Würenlos muss sich in Zukunft mit der Frage der Verdichtung befassen. An der letzten Gemeindeversammlung wurde ein Kredit von Fr. 525’000 für die «Gesamtrevision der Allgemeinen Nutzungsplanung». gesprochen. Überarbeitet wird also das lokale Gesetzeswerk, das besagt, wo und wie gebaut werden darf.

In der Vorlage ist nachzulesen:«Das Raumplanungsgesetz fordert verstärkte Anstrengungen zu einer nachhaltigen Siedlungsentwicklung nach innen.» Mit dieser Umschreibung wurde der ungeliebte Begriff «Verdichten» geschickt umgangen.

Mich erinnert das Bild dieses Häuschens an ein Szenario, das Sie wahrscheinlich auch bei sich zu Hause antreffen. Als sie Ihre Wohnung einrichteten, kauften sie zeitgemässes Mobiliar. Von Ihrer Grossmutter haben sie einen alten Sekretär oder ein anderes schönes Möbelstück geerbt. Sie freuen sich immer wieder über das Erbstück, denn es ist mit vielen  Erinnerungen verbunden, während sie die anderen Möbel weniger beachten.

Wahrscheinlich nutzen sie dieses Erbstück, um Kinderzeichnungen, Liebesbriefe aus schönerer Zeit oder ähnliche Kostbarkeiten aufzubewahren. Also Sachen, die Sie nicht täglich brauchen, denn die Schubladen sind schwergängig und können nicht voll herausgezogen werden. Gegenstände, die wir täglich gebrauchen, versorgen wir lieber in einem modernen Möbel, bei dem sich die Schubladen auf Rollen ganz herausziehen lassen und sich  von selber wieder schliessen.

Und ist es mit diesem roten Häuschen nicht ähnlich? Alle sehen das Kleinod, viele halten es für das schönste Haus an diesem Ort. Stehen sie aber vor der Wahl, im Altbau oder im Neubau wohnen zu dürfen, werden sie Vergleiche anstellen.

Dieses rote Bijou hat keinen Lift, also wie gelange ich ins Obergeschoss mit meinem kaputten Rücken? Die Türen haben Schwellen, und das ist für meinen Rollator schwierig. Der Balkon ist nur 2 Quadratmeter gross, wie soll ich da einen Liegestuhl und einen Tisch mit Stühlen platzieren? Das Wohnzimmer misst nur 18 Quadratmeter, wie kann ich da meine Sofalandschaft unterbringen? Die Küche ist klein und das Haus hat auch keine Garage, also muss ich mein geliebtes Auto draussen stehen lassen.

Im Neubau hingegen finde ich einen Lift, das Wohnzimmer ist mit 40 Quadratmeter angemessen gross, auf dem Balkon kann ich meine Outdoor-Sofalandschaft unterbringen, ja, und die Küche steht im Wohnzimmer und ist mit den neuesten Apparaten wie Steamer und Mikrowellenofen ausgerüstet. Das erlaubt mir, in Anwesenheit meiner Gäste diese von meinen Kochkünsten zu überzeugen. Schaue ich aus den Fenstern des hübschen Häuschens, sehe ich nebenan stillose Neubauten. Umgekehrt aber, wenn ich aus den Fenstern der Neubauten schaue, habe ich eine schöne Sicht auf das rote Kleinod.

Vielleicht ist die Überbauung in Rüti deshalb ein guter Kompromiss.  Wir wohnen so, wie es unseren Bedürfnissen entspricht und freuen uns am Erbstück in Sichtweite, das von der Vergangenheit erzählt.

*  Rüti ZH figuriert im Inventar der schützenswerten  Ortsbilder der Schweiz von nationaler Bedeutung (ISOS) und zwar in der Kategorie  «verstädtertes Dorf». Würenlos figuriert nicht im ISOS, wohl aber das zu unserer Gemeinde gehörende Kloster Fahr und zwar in der Kategorie «Spezialfall».  Zur Liste aller 1274  schützenswerten Ortsbilder von nationaler Bedeutung geht es hier: ISOS

Ziemlich aufs Auto fixiert

Es geht auch ohne Auto. Der öffentliche Verkehr ist gut ausgebaut, zumindest in den Agglomerationen boomt er.  Immer mehr junge Menschen erlernen das Autofahren nicht. Erste autofreie Wohnsiedlungen entstehen.  In Würenlos allerdings ist man noch ziemlich aufs eigene Auto fixiert.  

Ein halbes Auto pro Würenloser - ob Säugling oder Urgrossmutter.
Ein halbes Auto pro WürenloserIn – ob Säugling oder Urgrossmutter.

Man stelle sich vor: 1200 Personenwagen, Stossstange an Stossstange. Auf der Landstrasse von der der Furttalkreuzung bis zur Kantonsgrenze bei Oetwil und auf der Schulstrasse vom Raiffeisenkreisel bis zum Grenzstein bei Hüttikon würden sie stehen, auf einer Gesamtlänge von 5 Kilometern. Warum gerade 1200 Autos? Soviele weniger wären in Würenlos zugelassen, wenn wir die gleich geringe Autodichte hätten wie die Stadt Zürich.

In Würenlos entfallen auf jeden Einwohner – ob Säugling oder Urgrossmutter – mehr als die Hälfte (0,55) eines Personenwagens. In der Stadt Zürich ist es bloss ein Drittel ( 0,34) . In Würenlos waren 2013 (neue Zahlen nicht veröffentlicht) insgesamt 3262 PWs zugelassen. Bei einer Autodichte wie in Zürich wären es bloss 2000 PWs, also 1200 Autos weniger als in Wirklichkeit. Das reibt man sich die Augen!

Der Verkehr durch unser Dorf ist zu einem schönen Teil hausgemacht. Natürlich besagt der Besitz eines Autos nicht alles: Die jährliche Fahrleistung spielt auch eine grosse Rolle. Doch noch immer benützen sehr viele Würenloserinnen und Würenloser das Auto für den täglichen Arbeitsweg. Nicht umsonst wird in Immobilienanzeigen die verkehrsgünstige Lage von Würenlos angepriesen. Viele Arbeitsplätze sind aber von uns aus noch immer wesentlich schneller mit dem Auto zu erreichen als mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Man denke etwa an die gesamte Flughafen-Region oder das Freiamt .

Auch vom Lebensstil und -gefühl seiner Bewohner her ist Würenlos noch immer eine ziemlich autolastige Gemeinde. Man legt Wert, auf mindestens ein eigenes Auto pro Haushalt. So hält sich auch das Interesse am Car-Sharing in engen Grenzen. Seit Jahr und Tag ist am Bahnhof Würenlos ein einziges Mobility-Fahrzeug stationiert (zwischenzeitlich waren es  einmal zwei). Die gesamtschweizerische Mobility-Flotte umfasst mittlerweile 2900 Autos, durchschnittlich eines pro 2900 Einwohner. In Würenlos kommt ein Mobility-Auto auf momentan 6300 Einwohner.

Je dichter ein Ort bebaut, je städtischer er ist, desto weniger Autos haben heute die Leute. Und das nicht nur deshlab, weil sich mit dem Auto im Stadtverkehr kaum vorwärtskommen lässt und die Abstellplätze sündhaft teuer sind. In seinem Plädoyer für autofreie Siedlungen hat Hans Arnold mit Recht darauf hingewiesen, dass gerade bei jungen Städtern der Autobesitz kaum noch eine Prestigeangelegenheit ist.

Gemäss dem soeben vorgestellten neuen  Leitbild des Gemeinderates zur Entwicklung unserer Gemeinde soll Würenlos in den nächsten 15 Jahren «moderat» auf maximal 7300 Einwohner wachsen. Das wird nicht ohne bauliche Verdichtung gehen, Wachstum auf Kosten des Kulturlandes wird nur noch sehr beschränkt möglich sein. Schon heute ist an Neubauten die Entwicklung weg vom dörflichen Gepräge ablesbar. Sie liesse sich nur aufhalten, wenn die Nachfrage nach Wohnraum und damit auch die Bodenpreise drastisch sinken würden. Und wer in unserer Gemeinde mit ihren vielen Eigenheimbesitzern wünscht sich einen derartigen Vermögensschwund?

Fast zwangsläufig wird sich so das Verkehrsverhalten der Würenloser jenem der städtischen Bevölkerung annähern. Im neuen Leitbild  äussert sich der Gemeinderat auch zum Verkehr. Seine Stossrichtung ist richtig: Anstreben will der Gemeinderat einen gestalteten Strassenraum, in dem sich der Individualverkehr «siedlungsverträglich» abwickeln kann, ein dichtes und vielfältiges Wegnetz für den Fuss- und Veloverkehr, einen öffentlicher Verkehr, der einen «möglichst grossen Verkehrsanteil» bewältigt. Ob dies mehr als Lippenbekenntnisse sind, wird sich bei hängigen Planungsgeschäften zeigen.

In der Vergangenheit ist Einiges falsch gelaufen, Vieles aber auch richtig. Fast schon vergessen ist, dass Würenlos eine der ersten Gemeinden weit und breit war mit Tempo 30 auf nahezu allen Quartierstrassen. Soll nun die Gemeinde, wie das Hans Arnold anregt, wieder pionierhaft vorangehen, indem sie bei gewissen Ein- und Umzonungen  nur noch autofreie Siedlungen zulässt? Autofreies Wohnen funktioniert wohl nur,  wenn sowohl Bauherren wie Bewohner die Autofreiheit wollen – sprich, wenn ein Markt für diese Wohnformvorhanden ist. In den Städten spielt dieser Markt schon. Angesichts der hohen Autodichte und-abhängigkeit vermute ich aber, dass es  in Würenlos noch nicht so weit ist.

Was noch nicht ist, kann noch werden. Darum finde ich, dass bei der anstehenden Revision der Bau- und Nutzungsordnung die Möglichkeit autofreien Wohnens rechtlich verankert werden soll.  Bauherren  von Mehrfamilienhäusern und grösseren Überbauungen  sollen weniger Autoabstellplätze erstellen müssen als eigentlich vorgeschrieben wären, wenn sie Autofreies Wohnen gemäss einem bewährten Konzept anbieten wollen. Das stünde meiner Meinung nach im Einklang mit dem kantonalen Baugesetz (§55). Im gemeinderätlichen Leitbild lautet ein Punkt der Stossrichtung bezüglich Verkehr: «Wir lassen unkonventionelle Lösungen zu.» Voila!