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Strapazierte Geduld

Wir Würenloserinnen und Würenloser haben ja nicht den Ruf, politisch besonders flink zu agieren. Doch sogar unsere Geduld kann gehörig strapaziert werden. Etwa, wenn der Kanton in einer Gemeindeangelegenheit ein wichtiges Wort mitzureden hat. An der Info-Veranstaltung des Gemeinderats im Vorfeld der Sommer-Gemeindeversammlung ist das an zwei Beispielen illustriert worden.

Das Geld für die Revision der Allgemeinen Nutzungs
planung ist schon 2018 bewilligt worden.

7 Monate wird es gedauert haben, wenn der Kanton voraussichtlich im August zum Projekt Alterszentrum Würenlos Stellung nehmen wird, wie der neue Hochbauvorstand Consuelo Senn dem spärlich erschienen Pubikum am Info-Abend vorrechnete. Die Abteilung für Baubewilligungen des Departementes Bau, Verkehr und Umwelt prüft Baugesuche für ein Projekt, wenn dieses etwa die Verkehrsverhältnisse auf Kantonsstrassen (Landstrasse) beeinflusst oder Gewässer (Furtbach) tangiert. Die Projektunterlagen seien dem Kanton im Januar – parallel zur öffentlichen Auflage im Baubewilligungsverfahren – unterbreitet worden.. Bis die Stellungnahme aus Aarau eintreffe, sei der Gemeinderat als Baubehörde «auf Stand-by», so Senn.

Dass der Kanton für die Prüfung des Bauprojektes sieben oder mehr Monate brauche, sei unverständlich, sagte Sigi Zihlmann (Vorstandsmitglied des Vereins Alterszentrum) an der Info-Veranstaltung. Es sei schliesslich davon auszugehen, dass der Kanton schon lange vor dem Januar 2022  in die Projektierung einbezogen worden sei. 

Allerdings kommt vielleicht die Verzögerung gerade recht, hat doch auch auch die Gemeinde noch Hausaufgaben zu erledigen. Die verkehrsmässige Erschliessung der Zentrumswiese ist noch nicht endgültig geregelt. Für den Ausbau der Poststrasse im Süden ist das Baugesuch eben publiziert worden. Und über die Norderschliessung (Rössliweg bei Kinderoase) wird noch gehirnt. Ein erstes Projekt hat die Gemeindeversammlung Ende 2021 zurückgewiesen, weil für den Ausbaug  des Rössliwegs nicht nur angrenzendes Privatland beansprucht werden solle.

7 Monate – von Juni 2021 bis Februar 2022 – lag  auch die Gesamtrevision der Allgemeinen Nutzungsplanung beim Kanton zur Vorprüfung. Nach der Kreditbewilligung durch die Gemeindeversammlung Ende 2016 gings im Januar 2018 richtig los. Das beauftragte Planungsbüro, Fachspezialisten, eine Spezialkommission und Arbeitsgruppen, für welche sich über 40 Bürgerinnen und Bürger beworben hatten, nahmen ihre Arbeit auf. Gemäss damaligem Ablaufplan hätte die Gesamtrevision von der Sommergmeind 2021 verabschiedet und bis Ende 2021 vom Regierungsrat in Kraft gesetzt werden sollen.
 
Doch Ende letzten Jahres war das kantonale Baudepartement (Abteilung für Baubewilligungen) noch an der Vorprüfung des Entwurfs. Im Februar 22 dann die Stellungnahme aus Aarau mit 25 Vorbehalten und 50 so genannten Hinweisen. Ins Gewicht fallen vor allem die Vorbehalte. Dazu zwei Beispiele: Aarau hält das Würenloser Bevölkerungsziel von 7300 Personen für den Planungszeitraum von 15 – 20 Jahren für zu tief –  Stichwort innere Verdichtung.  Und verlangt wird die Einführung der Grünflächenziffer (zwecks besserer Durchgrünung des Siedlungsgebiets) nicht nur in Wohnzonen, sondern auch in gemischten Wohn- und Gewerbezonen. Im Juni treffen sich Gemeinde- und Kantonsvertreter zu einer ersten Besprechung. Wird die neue Nutzungsplanung teilweise noch korrigiert, unterzieht sie der Kanton einer zweiten Vorprüfung . Man hofft, sie möge weniger lang dauern als die erste.

Parallel zur Vorprüfung lief im Juli und August 2021 das öffentliche Mitwirkungsverfahren. Dabei wurden 60 Anträge zu insgesamt 200 diversen Punkten der Nutzungsplanung gestellt. Nach den Sommerferien will der Gemeinderat über die Anträge beschliessen und seine Entscheide in einem Mitwirkungsbericht zusammenfassen und begründen. Es folgen zwei Info-Veranstaltungen, eine Im August 22 für alle Grundeigentümer und eine im Herbst für die Furtbachanstösser, welche teilweise durch einen neu festgelegten «Gewässerraum» eingeschränkt werden.

Die weiteren Etappen, bis die geänderte Nutzungsplanung rechtskräftig wird, sind:

  • öffentliche Auflage mit Einwendungsmöglichkeit für alle. 
  • Verabschiedung durch die —Gemeindeversammlung. Laut Senn könnte  sie bestenfalls im Dezember 2023 stattfinden – der zweitgenannte Termin vom Sommer 2024 scheint mir realistischer. 
  • Inkraftsetzung durch den Regierungsrat. Wird’s Anfang 2024? Mit zweijähriger Verspätung auf den ursprünglichen Zeitplan, wovon ein Teil auf pandemiebedingte Erschwernisse zurückzuführen sein mag

Ein sechsjähriger Planungs- und Entscheidungsprozess ist zu lang für eine Nutzungsplanung, die laut Raumplanungsrecht auf einen Betrachtungszeitraum von 15 Jahren auszurichten ist. Viele der zugrundeliegenden Fakten und Annahmen sind nach sechs Jahren  durch die Wirklichkeit längst überholt. Sollte man nicht schon 2024 die nächste Gesamtrevision einleiten, ganz nach dem Motto «Meister, die Arbeit ist fertig. Soll ich sie gleich flicken?»….

Der Randstein des Anstosses

Die nun auf der Fahrbahn markierte Umgehung für Fussgänger und Rollstuhlfahrende beim Kiosk.

«Unüberwindbares Trottoir sorgt für Stunk» – Mit dieser Schlagzeile informierte kurz vor Weihnachten 21 das Infoportal «20min.ch» über eine Fehlplanung vor dem Kiosk beim Bahnhof Würenlos. Im Video zu Wort kam ein Betroffener, der Rollstuhlfahrer Erich. Weit über Würenlos hinaus schüttelte man den Kopf über diesen Schildbürgerstreich.

Als Erich nach dem kurz zuvor erfolgten provisorischen Umbau des Knotens Land-/Bahnhofstrasse auf dem Trottoir in Richtung Landstrasse rollte, stiess er direkt vor dem Kiosk auf einander für ihn unüberwindbares Hindernis. Der Randstein war war zu hoch.

In der Kommentarspalte auf «20min.ch», aber auch von der Facebook-Gruppe «Du bisch vo Würelos» hagelte es bissige Kommentare:
«Traurig sowas, Wer hat diesen Schrott geplant?», «Da frögt mer sich scho was für Aafänger so was planed und dänn absägned… ». 

Bauverwalter Markus Roth hatte 20minuten auf Anfrage erklärt, dass es sich um ein Provisorium handle. «Der definitive Ausbau des Knotens Landstrasse/Bahnhofstrasse wird im Zusammenhang mit dem Ausbau der Landstrasse erfolgen und zwar etwa in 3 Jahren» , so Roth. Er stellte in Aussicht, so bald wie möglich wolle man als Übergangslösung einen Bereich für Fussgänger und Rollstuhlfahrer auf der Strasse markieren.  

Vorderhand geschah aber nichts, Feiertage, zeitweise schlechtes Wetter. Im neuen Jahr dann nahm sich auch die «Limmatwelle» des Themas an. Im gut recherchierten Bericht kam auch die Leiterin der Schweizer Fachstelle für Hindernisfreie Architektur zu Wort. Sie stellte zur jetzigen Lösung fest: Diese Lösung entspricht nicht dem, was unsere Richtlinien für hindernisfreie Fusswegnetze suggerieren.»

«Uns ist klar, dass das kein guter Bau ist», räumte im «Limmatwelle»-Bericht Vizeammann Nico Kunz, im Gemeinderat zuständig fürs Ressort Tiefbau, ein. Vorher, so Kunz sei die Situation beim Kiosk aber schlimmer gewesen. Ein schwacher Trost angesichts der Verkehrszunahme auf der Bahnhof- und Grosszelgstrasse wegen der Baustellen Steinhof und neue Landi sowie dem Verkehr zum Landiprovisorium.  Immerhin: Bei Veröffentlichung dieses Blog-Eintrags am 21. Januar war der Umgehungsstreifen beim Kiosk auf der Fahrbahn markiert

Nein, der grosse Skandal war das nicht. Aber peinlich ist’s halt schon, wenn kaum fertiggestellte Strassenbauten erst nach Hinweisen aus der Bevölkerung so angepasst werden, dass sie den Bedürfnissen der schwächsten Verkehrsteilnehmer gerecht werden. Schon bei der umgestalteten Buechstrasse waren vor einigen Jahren kurz nach der Inbetriebnahme teure Nachbesserungen nötig. Dass nun an der Bahnhofstrasse eine problematische Führung des Langsamverkehrs entstand, hätten die Verantwortlichen selber erkennen müssen. Dann hätten sie die jetztige Notlösung realisieren können, bevor ein Medienwirbel entstand. Pannen dieser Art schwächen das Vertrauen der Bevölkerung in die zuständigen Behörden und Ämter, dass sie ihrem Versprechen, den Langsamverkehr im Dorf zu fördern, auch Taten folgen lassen.   

Was weiterhin fehlt, ist ein Zebrastreifen, der das Überqueren der in diesem Bereich neu dreispurigen Bahnhofstrasse für jene sicherer machen würde, die auf dem Trottoir entlang der Landstrasse unterwegs sind.. Die Notwendigkeit eines markierten Fussgängerübergangs sieht auch der Chef der Bauverwaltung. Aber weil der Einmündungsbereich der Landstrasse, einer Kantonsstrasse, betroffen sei, habe auch  der Kanton ein Wörtchen mitzureden. Und solange dessen Zustimmung fehle, würde der Übergang nicht markiert.

Beim Fussgängerübergang von der alten Landi zur SBB-Barriere fehlt seit Langem ein Zebrastreifen. Jetzt ist die Situation eher noch unübersichtlicher geworden wie zuvor.

Es besteht also durchaus noch Verbesserungssbedarf, bevor das definitive Projekt für den Knoten realisiert wird. Das Provisorium wird den Bedürfnissen des Langsamverkehrs ohne Abstriche genügen müssen – drei lange Jahre lang oder wohl noch länger. Denn an der Umgestaltung der Landstrasse wird schon lange herumgedoktert und der federführende Kanton hat das Projekt immer wieder verzögert.

Gut also, wenn kritische Bürgerinnen und Bürger die weitere Verkehrsentwicklung im Gebiet Bahnhof/Grosszelg im Auge behalten. So wie jene Bürgerin, die sich dieser Tage erneut an Nico Kunz und Markus Roth gewandt hat. Sie hat den zuständigen Gemeinderat und den Bauverwalter daran erinnert, dass im 2021 vom Kanton genehmigten Erschliessungsplan Bahnhof-Landi steht, die neue Landi dürfe als Verkaufsgeschäft erst eröffnet werden, «wenn beim Knoten Landstrasse/Bahnhofstrasse eine für alle Verkehrsteilnehmer genügende und sichere Lösung besteht.» (Die Landi will noch dieses Jahr eröffnen.) Und weiter steht da, «eine für alle Verkehrsteilnehmer sichere und als Bahnhofszugang attraktive Zugänglichkeit sei auch für die Übergangslösung zu gewährleisten. Zudem soll im fraglichen Gebiet Tempo 30 umgesetzt sein.

So wie sich der Knoten im Moment präsentiert, kann zumindest von einem attraktiven Bahnhofszugang nicht die Rede sein. Und daran wird auch der von der Gemeindeversammlung bewilligte Fuss- und Veloweg durch das Steinhofquartier nur partiell etwas ändern.

Einmal abgewichen vom Abstimmungs-Mainstream

Die Stimmberechtigten von Würenlos haben über sieben von acht eidgenössischen und kantonalen Abstimmungsvorlagen gleich entschieden wie die Schweiz bzw. der Kanton Aargau insgesamt. 

Am knappsten ausgegangen ist in Würenlos die eidgenössische Abstimmung zum Jagdgesetz (Ablehnung). Wie auch zur Kampfjet-Abstimmung lag ja dazu das gesamtschweizerische  Schlussergebnis erst am späten Nachmittag vor. Ganze 26 Nein-Stimmen gaben in Würenlos den Ausschlag für die hier mit einem Nein-Stimmenanteil von 50,6% sehr knappe Ablehnung. Das von Natur- und Umweltorganisationen bekämpfte Jagdgesetz ist im Kanton und im Bezirk Baden doch um Einiges deutlicher abgelehnt worden als bei uns.

Die Beschaffung neuer Kampfjets, die zweite im Bund ganz knapp angenommene Vorlage, war hingegen in Würenlos eine klare Sache. Mit einem Ja-Stimmenanteil von fast 58% stimmten die Würenloserinnen und Würenloser dem maximal 6 Milliarden Franken teuren Vorhaben deutlicher zu als die Stimmberechtigten in Bund und Kanton.

Die Begrenzungsinitiative der SVP wurde in Würenlos mit einem Nein-Stimmenanteil von 40,8 % wuchtiger verworfen als im Kanton, aber weniger deutlich als im Bezirk. Der von den Gegnern als Bevorzugung weniger Gutverdienender gebrandmarkte Kinderabzug bei den Bundessteuern wurde in Würenlos zwar auch abgelehnt, fand hier aber stärkere Zustimmung als im Kanton und im Bezirk.

Bei den drei kantonalen Vorlagen weicht das Würenloser Abstimmungsergebnis beim Energiegesetz vom kantonalen Gesamtergebnis (ein Nein) ab: Mit einem Ja-Stimmenanteil von 51,3% haben unsere Gemeinde und ebenso der Bezirk Baden zugestimmt, der Kanton hat abgelehnt. 

Das Energiegesetz ist vor allem vom kantonalen Hauseigentümerverband mit wenig Weitsicht bekämpft worden. Wenn der HEV in Würenlos und im Bezirk Baden weniger Gehör gefunden hat als im übrigen Kanton könnte das mit einem etwas niedrigeren Anteil an Eigenheimbesitzern, deren etwas grösseren Finanzstärke und einer bereits stark erneuerten Bausubstanz zu tun haben. Möglich aber auch, dass im Bezirk Baden mit seinen vielen Verkehrsimmissionen und der immer dichteren Überbauung die Sensibilität für Umweltbelange etwas grösser als im übrigen Kanton.

Das positive Resultat in Würenlos nährt jedenfalls die Hoffnung, dass die Hausbesitzer in unserer Gemeinde auch ohne staatlichen Zwang ihre Liegenschaften zügig auf einen guten energetischen Stand bringen und zum Beispiel  alte Elektroboiler oder Ölheizungen durch umwelt- und klimafreundlichere Anlagen ersetzen und noch vermehrt in Fotovoltaikanlagen zur Eigenstromerzeugung investieren.

Die Verfassungs- und die Gesetzesänderung zur Abschaffung der Schulpflegen wurden in Würenlos sowie im Bezirk deutlicher angenommen als im übrigen Kanton, nämlich mit einem Ja-Stimmenanteil von je über 60% (Gesamtergebnis Kanton: 57,4%). Ab Jahreswechsel 2021/22 wird nun der Gemeinderat vollumfänglich verantwortlich sein für den Bereich Volksschule, soweit dieser überhaupt noch Gemeindesache ist.

 Es ist zu hoffen, dass der Gemeinderat sich genügend Zeit nimmt für die Überlegung, wie er die neue Gesamtverantwortung wahrnehmen will. Ob er zum Beispiel eine beratende Schulkommission einsetzen oder die Schulleitung mit erweiterten Kompetenzen ausstatten will – beides ist möglich.  Nimmt der Gemeinderat seine neue Aufgaben ernst und will er nicht die politische Verantwortung für unsere Schule grösstenteils auf die Schulleitung und damit auf die Verwaltungsebene verlagern, so wird er sich neu organisieren müssen.

Ziel muss es sein, dass ein Gemeinderatsmitglied mit dem Resort Schule betraut wird, das der Schule und den sie umfassenden Menschen viel Interesse und Sensibilität entgegenbringt. Die Schule ist kein Aufgabenbereich, den man einfach jedem x-beliebigen Gemeinderat auch noch ins Rucksäckli packen kann.  

Tempo 30 auf der Land- und Schulstrasse?

Auf Hauptstrassen innerorts gilt in der Schweiz grundsätzlich Tempo 50. Liegen besondere Umstände vor, ist aber auch Tempo 30 möglich. Gemeinden finden daran zunehmend Gefallen. Auch Würenlos scheint Tempo 30 auf der Land- und Schulstrasse nicht abgeneigt zu sein, wie der jüngste öffentliche Workshop zum Verkehr im Dorf gezeigt hat.

In Würenlos haben Ende März rund 80 Frauen und Männer aus der Bevölkerung – junge und alte, solche mit und ohne Stimmrecht – an einem Workshop über die künftige Verkehrspolitik der Gemeinde diskutiert – in bemerkenswert sachlicher Atmosphäre. Grundlage war der Entwurf für einen kommunalen Gesamtplan Verkehr (KGV), den eine vom Gemeinderat eingesetzte Arbeitsgruppe zusammen mit Verkehrsplaner Thomas Belloli (Brugg) erabeitet hat.

Aufgrund einer umfassenden Analyse der Verkehrssituation formuliert der KGV Ziele für die nächsten 15 Jahre. Diese recht allgemein formulierten Ziele werden nach der Genehmigung durch den Kanton für die Behörden verbindlich sein. «Innerhalb des Siedlungsgebietes fliesst der Verkehr mit einem angemessen tiefen Geschwindigkeitsniveau lautet zum Beispiel ein solches Ziel, «Teilnehmende des Fuss- und Veloverkehrs fühlen sich auf den Wegen innerhalb der Gemeinde wohl und sicher» ein zweites.

Wesentlich konkreter tönen die gegen 20 im KGV aufgelisteten Massnahmen, mit denen die gesteckten Ziele erreicht werden sollen. Dabei handelt es sich um blosse Vorschläge, die zumeist ein längeres Genehmigungsverfahren durchlaufen müssten, ehe sie umgesetzt werden könnten. Dann erst wird es «an Läbige gehen». Eine dieser im KGV-Entwurf vorgesehenen Massnahmen ist Tempo 30 auf Teilstücken der Land- und Schulstrasse.

Auf der Landstrasse zwischen Raiffeisen-Kreisel und SBB-Barriere sowie auf der Schulstrasse zwischen Raiffeisen-Kreisel und Büntenstrasse sind mit baulichen Massnahmen weitere Verbesserungen für die schwächeren Verkehrsteilnehmer kaum zu erreichen. Der Strassenraum bietet dafür einfach nicht genügend Platz. Deshalb drohen Verteilungskämpfe um den knappen Platz.

Für die Planung der Land- und der Schulstrasse ist der Kanton zuständig, die Gemeinde darf an Baumassnahmen nur kräftig mitzahlen. Der Kanton legt grossen Wert auf ungehinderten Fluss des motorisierten Verkehrs und scheint deshalb in seiner Planung für die Landstrasse einen Mehrzweckstreifen in der Fahrbahnmitte (der vor allem als Linksabbiegespur und somit dem Autoverkehr dienen würde) den Vorzug zu geben gegenüber durchgehenden Velostreifen. Fehlen diese, so weichen viele Velofahrende verständlicherweise aufs Trottoir aus, wo sie wiederum Fussgänger gefährden. Die Situation ist absurd, hat doch der Kanton die Landstrasse als Velo-Hauptroute klassiert.

Mit Tempo 30 liesse sich die Sicherheit für die Fussgänger und Velofahrenden trotzdem erhöhen. Es käme weniger zu waghalsigen Überholmanövern mit zu kleinem seitlichen Abstand zwischen Autos oder Lastwagen und Velos. Und auf den Trottoirs und Zebrastreifen würden sich die Fussgänger sicherer fühlen. Eine tiefere Durchschnittsgeschwindigkeit käme auch der Aufenthaltsqualität im Dorfzentrum zu Gute. Die heute starke Trennwirkung der Landstrasse würde abgeschwächt.

Ähnliches gilt auch für die Schulstrasse, die an der Schulanlage vorbeiführt. In Zeiten, da keine Lotsen die Übergänge sichern, ist das Überqueren der Strasse vorab für kleinere Schüler ein heikles Unterfangen. Die Verkehrssituation im Einmündungsbereich Feldstrasse/Dorfstrasse ist trotz Verengung der Schulstrasse komplex und wäre mit Tempo 30 von Kindern, aber auch von älteren Menschen leichter zu erfassen.

In Würenlos dürfte in den nächsten 15 Jahren nicht nur die Bevölkerung weiter wachsen, sondern auch der Verkehr. Der Kanton prognostiziert eine 25-prozentige Verkehrszunahme. Die Wohn- und Lebensqualität im Dorf wird stark davon abhängen, mit welchen Fortbewegungsmitteln diese Zunahme bewältigt wird. Im Workshop kristallisierte sich deutlich heraus, dass die Wahl umweltverträglicherer Verkehrsmittel weniger durch Verbote erzwungen als durch Attraktivitätssteigerungen gefördert werden soll.

Gegen Tempo 30 auf den beiden Hauptstrassenabschnitten wurde überraschend wenig grundsätzliche Kritik laut. Am ehesten wurde bezweifelt, ob die Massnahme überhaupt Realisierungschancen habe. In der Tat ist der Kanton Aargau im Vergleich mit anderen Kantonen (etwa Bern oder Luzern) überaus zurückhaltend mit der Signalisation von Tempo 30 auf Hauptstrassen. Bis Mitte 2018 sind laut AZ vom 4.6.2018 nur zwei Ausnahmen bewilligt worden, in Windisch und Olsberg – beide aus Sicherheitsgründen.

Ob die restriktive Bewilligungspraxis auf Dauer Bestand haben wird, ist fraglich. Denn verkehrstechnische Fakten stützen sie nicht. «Eine Senkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit hat in den meisten Fällen keinen nennenswerten Einfluss auf die Leistungsfähigkeit einer Hauptverkehrsstrasse», steht in einer Publikation des deutschen Bundesamtes für Umwelt aus dem Jahre 2016. Andere Faktoren wie ein hoher Schwerverkehrsanteil, geringe Fahrstreifenbreiten oder Abbiegeradien sowie starker Fuss- und Radverkehr hätten in der Regel einen grösseren Einfluss.

Auch ein Vorstoss des Zürcher SVP-Nationalrats Gregor Rutz, der bei Tempo 30 auf Hauptstrassen innerorts zurückbuchstabieren möchte, würde der Massnahme in Würenlos nicht unbedingt gefährlich. Denn Rutz möchte vor allem erreichen, dass Tempo 30 auf Hauptstrassen innerorts aus Lärmschutzgründen nicht mehr eigeführt werden dürfte, und er hat wohl vor allem die Stadt Zürich im Visier, die auf etlichen Haupstrassenabschnitten zwecks Lärmschutz Tempo 30 eingeführt hat. Auf unserer Land- und Schulstrasse ginge es aber weniger um Lärmschutz als um die Verkehrssicherheit. Auch wenn das Ortsbild gewiss keinen Schaden nähme, wenn nicht noch mehr Häuser hinter Lärmschutzwänden verschwinden müssten.

Am Workshop war auch die Idee zu hören, das Tempo auf der Land- und Schulstrasse nur temporär, wenn viele Schüler unterwegs sind, auf 30 km/h zu reduzieren. Das wäre meiner Meinung nach eine Scheinlösung. Der Langsamverkehr als Ganzes würde nicht gefördert. Während der meisten Stunden am Tag und am Abend bliebe die Situation so unbefriedigend wie sie heute ist.

würenblicker wird in loser Folge weitere Massnahmen aus dem KGV, die am Workshop vorgestellt wurden, näher beleuchten.