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Spitex auf Solotour

Die Spitex in den Nachbargemeinden Killwangen, Neuenhof, Spreitenbach und Wettingen soll zu einer Organisation verschmolzen werden. Die Fusion kommt in Killwangen und Spreitenbach an die Winter-Gemeindeversammlungen, sie ist heftig umstritten. Eine Würenloserin hat sich schriftlich beim Gemeinderat erkundigt, weshalb Würenlos sich nicht am Projekt der Nachbargemeinden beteiligt habe.

Der Würenloserin war aufgefallen, dass die fast doppelt so grosse Gemeinde Spreitenbach 2014 für die ambulante Krankenpflege rund 400’000 Franken bezahlte, das kleinere Würenlos aber annähernd 500’000 Franken. Eine ziemlich erklärungsbedürftige Differenz – auch wenn neben der Einwohnerzahl noch viele andere Faktoren (zum Beispiel das Angebot bei den nicht kassenpflichtigen Leistungen, die Alters- oder Siedlungsstruktur  einer Gemeinde) die Spitexkosten beeinflussen.

Seit längerem ist in der ganzen Schweiz eine Welle von Fusionen in der öffentlichen (nicht gewinnorientierten) Spitex zu beobachten. Auch im Aargau haben sich zahlreiche lokale Spitex-Organisationen zu grösseren Einheiten zusammengeschlossen, so etwa in der Regionen Brugg, Heitersberg, Mutschellen und Suhrental.

Die Fragestellerin hat Antwort bekommen in einem ausführlichen, von Gemeindeammann Hans Ueli Reber und Gemeindeschreiber Daniel Huggler unterzeichneten Schreiben. Zudem nahm nun Gemeinderat Nico Kunz, der auch den Spitex-Verein Würenlos präsidiert, in der AZ Stellung. Link zum Artikel. Die Stellungnahme des Gemeinderates lässt sich so zusammenfassen: Vom Fusionsprojekt habe man sich ferngehalten, weil die Gemeinde mit der Spitex Würenlos über eine Organisation verfügt, die eine sehr gute Leistung erbringt und eine sehr zufriedene Kundschaft hat. Es sei nicht erwiesen, dass die Gemeinde bei einer Beteiligung an der regionalen Spitex sparen könnte. Statt einer Fusion werde die betriebliche Integration der Spitex Würenlos ins Alterszentrum angestrebt. Sollte dieses nicht zustande kommen, könne sich die Gemeinde später immer noch an einer regionalen Spitex beteiligen.

Die betriebliche Integration der Spitex in das Pflegezentrum ist eine in der Schweiz nicht sehr verbreitete, aber denkbare Organisationsform. Nur scheint es mir ziemlich risikoreich zu sein, die weitere Entwicklung der Spitex mit dem Schicksal des Alterszentrums zu verknüpfen. Bis ein Alterszentrum den Betrieb aufnehmen wird, dürfte noch viel Wasser den Furtbach hinab fliessen. Und die sehr dynamische Entwicklung im Gesundheitswesen kann durchaus schon früher zu Handlungsbedarf bei der Spitex führen. Spitex-Strukturen dürfen nicht unantastbar sein.

Es sind nicht allein die Spitexdefizite, welche die Fusionswelle ausgelöst haben. Ebensosehr sind es höhere betriebliche und fachliche Anforderungen, die etwa in der kantonalen Pflegeverordnung an die Spitex-Organisationen gestellt werden (z.B. Pflegeangebot auch in den Abendstunden, Psychiatriepflege, Ausbildungspflicht). Ins Kraut geschossen ist zudem die Bürokratie im Verkehr zwischen Spitex und Krankenkassen.

Zu Unrecht werde oft davon ausgegangen, dass sich mit Fusionen Kosten sparen liessen, erklärte der Organisationsexperte Johannes Zuberbühler, der auch das Fusionsprojekt in unserer Nachbarschaft begleitet, schon vor einigen Jahren in der Fachzeitschrift «Schauplatz Spitex». Die Summe aller Beiträge , welche die beteiligten Gemeinden an die Spitex zu bezahlen haben, sinkt nach einer Fusion kaum. Meistens ist es auch so, dass einige Gemeinden nach der Fusion mehr und andere dafür weniger bezahlen müssen. An diesem Umstand scheitern Fusionsprojekte nicht selten.

Grösster Ausgabenposten ist das Personal. Da eine fusionierte Spitex  ja nicht weniger Klienten und Klientinnen zu versorgen hat als zuvor die kleineren Organisationen zusammen, lässt sich mit Fusionen kaum Personal in grösserem Stil abbauen. In der Region Brugg fiel nach der Fusion gerade mal eine Stelle in der Administration weg.

Doch ein Zusammenschluss kann eben positive Effekte nicht finanzieller Art haben – selbst dann, wenn eine lokale Spitex sehr gut geführt ist und alles daran setzt, ihre Leistungen auch effizient zu erbringen. Der Bericht der Steuergruppe für das regionale Spitexprojekt in unserer Nachbarschaft zählt solche Vorteile auf. Link zum Bericht. Bei Fusionsentscheiden werden diese  Effekte gerne untergewichtet, andere  dafür zu stark gewichtet. So ist es für die allermeisten Klienten völlig unwichtig, ob sich der Spitex-Stützpunkt in der eigenen oder in einer Nachbargemeinde befindet. Und wie viele verschiedene Pflegekräfte eine Klientin oder einen Klienten betreuen, hängt nicht von der Grösse der Spitex-Organisation ab, sondern von deren Betriebskonzept.

Der Würenloser Alleingang lässt sich im Moment ausreichend begründen. Interessant wäre es aber schon gewesen, wir hätten bei der Fusionsvorbereitung mitgemacht und wüssten nun– wie die Spreitenbacher oder Killwangener – , was uns die ambulante Pflege im Rahmen einer fusionierten Spitex kosten würde. Wird das Fusionsprojekt in Killwangen und Spreitenbach abgelehnt, hätte Würenlos zwar keine Chance vertan. Kommt’s aber zur Fusion, wird die Spitex Würenlos künftig  unter schärferer Beobachtung stehen. Wird sie leistungs- und kostenmässig mithalten können?

Was sich südlich des Bahnhofs tun soll

Der Gemeinderat hat den Entwicklungsrichtplan für die Gebiete Bahnhof, Gewerbe Grosszelg und Im Grund sowie Wohngebiet Steinhof /Im Grund veröffentlicht. Mit dem Planwerk sagt der Gemeinderat, wie sich dieses Baugebiet, das teils stark unternutzt, teils noch nicht überbaut ist, in den nächsten Jahrzehnten entwickeln soll. Diese Zielvorstellung spurt nächste Planungsschritte vor.

Der Entwicklungsrichtplan betrifft fast das ganze Gebiet zwischen Bahnlinie (oben), Landstrasse (rechts) und Hürdlistrasse (unten). (Bild aus der Publikation der Gemeinde).
Der Entwicklungsrichtplan betrifft fast das ganze Gebiet zwischen Bahnlinie (oben), Landstrasse (rechts) und Hürdlistrasse (unten). (Bild aus der Publikation der Gemeinde).


Das Wichtigste in Kürze:

Nutzung (Download Richtplankarte : entwicklungsrichtplan_im_grund_nutzungen_zonen_ortsbild:

  • Wohn- und Gewerbezone WG3 im vorderen Areal Steinhof (entlang Landstrasse). Gasthof-Kopfbau und Gartenwirtschaft sollen erhalten bleiben.
  • Wohnzone im hinteren Areal Steinhof und im angrenzenden Gebiet Im Grund, dreigeschossig, in einem Streifen links und rechts der Grundstrasse zweigeschossig (je plus Attika). Damit wird die Siedlungsstruktur des Quartiers Hürdli grossomodo übernommen. Das Land westlich der Grundstrasse müsste aber erst eingezont werden.
  • Gewerbezone Bahnhof sowie Grosszelg. Vorrangig bleibt die gewerbliche Nutzung. Wohnungen dürfen nur für Hauswarte bzw, Betriebsinhaber gebaut werden. Im Dreieck südlich des Bahnhofs (heute Tankstelle und Lagerschuppen) soll die neue Landi gebaut werden.

Verkehr–Download Richtplankarte Mobilität, Verkehr, Parkierung und Erschliessung: entwicklungsrichtplan_im_grund_mobilitaet_verkehr_erschliessung_parkierung

  • Ganzes Gebiet Bahnhof (mit P&R und neuer Landi) + Gewerbegebiet Grosszelg: Zu- und Wegfahrt via Bahnhofstrasse.
  • Gebiet Steinhof: Zu- und Wegfahrt ab Landstrasse mit neuer Stichstrasse. Parkplatz Gasthof wie bisher.
  • Wohngebiet Im Grund: Zu- und Wegfahrt ab Landstrasse via Lättenstrasse-Hürdlistrasse.
  • Neue Fusswege zwischen Hürdlistrasse und Bahnhof, zwischen Juch- und Lättenstrasse sowie Unterführung für Langsamverkehr bei der SBB-Barriere.
  • Neue Streckenführung des Ortsbusses: ab Bahnhof via Grosszelgstrasse-Grundstrasse-Hungerbühlstrasse-Lättenstrasse in die Landstrasse. Alternative: Ab Hungerbühlstrasse via Juchstrasse.
  • Als blosse Option: Bahnüberführung Grundstrasse – Tägerhardweg für Velos und allenfalls Busse.

Der Entwicklungsrichtplan enthält auf den ersten Blick viele vernünftige Ideen und  Anordnungen. So werden für fürs Wohngebiet Im Grund sowie das gesamte Steinhof-Areal Sondernutzungspläne (Erschliessungs- und Gestaltungspläne) vorgeschrieben. Die Parkierung soll hier unterirdisch sein und es ist Raum für einen Kindergarten (allenfalls Kindertagesstätte) vorzusehen. Download Bestimmungen: entwicklungsrichtplan_im_grund_bestimmungen

Der nun vorgelegte  Entwicklungsrichtplan ist der Versuch, möglichst allen der sich teilweise widersprechenden Interessen Rechnung zu tragen.  Damit soll wohl eine noch längere Blockierung von Bauvorhaben in einzelnen Gebieten (z.B. Steinhof) vermieden werden. Der Kompromiss hat Schwachstellen. So sollen bestehende Wohngebiete durch den entstehenden Mehrverkehr möglichst wenig belastet werden. Mit der Erschliessung des neuen Wohngebiets im Grund (via Hürdlistrasse) geschieht aber genau das im Quartier Hürdli. Wäre aber die an sich sinnvollere Verkehrserschliessung via Bahnhof- und Grosszelglistrasse gewählt worden, hätte wohl die Landi ihren Grossmarkt nie bauen können. Auch so wird sie zuwarten müssen, bis für die schwierige Verkehrssituation bei der Einmündung der Bahnhof- in die Landstrasse eine Lösung nicht nur gefunden, sondern auch realisiert ist. .

Überhaupt: Die Verkehrserschliessung ist – wie schon wiederholt dargestellt – die Krux bei diesem Planungsvorhaben. Die schwierigen Rahmenbedingungen und auseinandergehenden Meinungen von Gemeinderat und Kanton erschweren den Planungsprozess wohl auch weiterhin.

Der Entwicklungsrichtplan hat eine längere Vorgeschichte. Im Rahmen eines sogenannten Testplanverfahrens machte ein Expertenteam schon 2010 Vorschläge für die bauliche Entwicklung in diesem Gebiet. Dem Gemeinderat passten diese Ideen aber nicht und er beauftragte die Zürcher Raumentwicklungsfirma SwissSpaGroup (Ex-Würenloser Rolf Wieland ist Mitglied der Geschäftsleitung) mit der Ausarbeitung des Entwicklungsrichtplans.

Mitgeredet hat eine 14-köpfigen Arbeitsgruppe unter Vorsitz von Gemeindeammann Hans Ueli Reber. Ihre Besetzung ist beachtenswert: Dabei waren je zwei Vertreter des Bauamtes, der Planungskommission, des mit der Ortsplanung beauftragten Büros Minikus Vogt & Partner AG,  je ein Vertreter der Steinhof-Grundstücke und des Expertenteams im Testplanverfahren sowie – man staune – volle vier  Landi-Interessenvertreter (wobei bei einem im Bericht der SwissSpaGroup die enge Beziehung zur Landi unerwähnt bleibt.)

In einem sogenannten Mitwirkungsverfahren können nun Landeigentümer und Anstösser, denen das Planwerk an einer Versammlung vorgestellt wurde, bis 1. Oktober schriftlich Stellung nehmen. Die Eingaben werde der Gemeinderat bewerten und beurteilen und im Entwicklungsrichtplan berücksichtigen, heisst es in der Mitteilung auf der Gemeinde-Homepage. In einem Mitwirkungsbericht wird der Gemeinderat sagen, wie er die Eingaben bewertet hat.

Den Entwicklungsrichtplan beschliessen kann der Gemeinderat. Damit wird der Plan für den Gemeinderat, nicht aber für die Grundeigentümer verbindlich. Der Regionalplanung und dem Kanton wird er zur Kenntnisnahme unterbreitet. Die Gemeindeversammlung kommt erst zum Zug, wenn die Bauordnung und der Zonenplan abgeändert oder Projektierungs- und Baukredite nötig werden (z.B für Strassen).

Kühles Nass und neue Ressorts

Jetzt verreist Würenlos.   Ob’s am Ferienziel wohl noch wärmer ist als momentan hier im Furttal? Die langanhaltende Schönwetterperiode hat bei uns lange vor den Sommerferien eingesetzt. Damit stehen die Chancen gut, dass unser Schwimmbad nach einer längeren Durstrecke endlich wieder einmal eine Besucherzahl nahe beim Allzeit-Besucherdurchschnitt von 50 735 pro Jahr erreicht. Selber schuld, wer dieses Jahr kein Saisonkärtli gekauft hat. 2014 wagten sich ja nur 23 210 Mutige ins Wiemel-Nass. Die sonnigen Tage werden auch Gemeinderat Toni Möckel freuen.

Denn Möckel bleibt unter anderem «oberster Bademeister», das hat die Ressortverteilung im Gemeinderat kurz vor der Sommerpause  ergeben. Wie die Ressorts nach der Wahl von Markus Hugi anstelle von Karin Funk Blaser verteilt wurden, darüber hat die «Limmatwelle» berichtet. Ihre Meldung war aber so etwas von textgestalterischem Minimalismus, das jeder KV-Auszubildende damit wohl durch die LAP gerasselt wäre. Auch im zweiten Anlauf habe ich es jedenfalls nicht geschafft,  die Namen und Zuständigkeitsbereiche  auf die Reihe zu bringen.

Das Wichtigste zuerst: Lukas Wopmann (BDP) wird neuer Finanzminister. Das war nicht unbedingt zu erwarten. Aber als diplomierter Hotelier und Kadermann einer Dienstleistungsfirma auf dem Flughafen dürfte ihm das Finanz- und Rechnungswesen ja nicht fremd sein. Mit dem Schlüsselressort Finanzen wird Wopmann zwangsläufig mehr von sich hören lassen als bisher. Zumal er neu auch für die Altersbetreuung und das Problemdossier Alterszentrum zuständig ist. Seine Schonzeit ist somit definitiv abgelaufen. Die wichtigsten von Wopmann in den vergangenen anderthalb Jahren betreuten Dossiers –Hochbau, Liegenschaften – übernimmt der neu gewählte Hugi (FDP). Mit dem Verlust des Finanzressort verliert seine Partei, die FDP, etwas an Einfluss im Gemeinderat.

Im Einzelnen sieht die Ressortverteilung wie folgt aus:
♦Gemeindeammann Hans Ueli Reber: Planung, Verwaltung/Personal, Information, Tiefbau, Kiesausbeutung, Vermessung, neu Entsorgung.
♦Vizeammann Toni Möckel: Bildung, Soziales, Jagd und Fischerei, Forstwirtschaft, Schwimmbad, neu Gewerbe und Industrie sowie Umwelt (ohne Entsorgung).
♦Nico Kunz: Technische Betriebe, Freizeit/Sport/Vereine, Landwirtschaft, neu Kultur (bisher Karin Funk).
♦Lukas Wopmann: Sicherheit, neu: Finanzen, Gesundheit, Altersbetreung (bisher Toni Möckel)
♦Markus Hugi: Hochbau, Liegenschaften, Denkmalpflege/Heimatschutz/Ortsbildschutz, Öffentlicher Verkehr, Friedhof- und Bestattungswesen, Kloster Fahr/Kirchen, Gewässer.

Was geht eigentlich beim Steinhof? Das fragt sich wohl mancher, der an diesen heissen Sommertagen an der lauschigen, aber seit Jahren trockengelegten Gartenwirtschaft vorbeifährt. Man erinnert sich: Eine Sanierung und Wiedereröffnung des  Gasthofs  ist der Eigentümerfamilie Lisa und Juan Rodriguez erst möglich, wenn sie viel Bauland neben dem Gasthof verkaufen kann. Bevor gebaut werden kann, sind aber mehrere Planunsgschritte nötig. Unter anderem ist festzulegen, wie das Planungsgebiet, zu dem auch die Gewerbezone südlich des Bahnhofs (inkl. des geplanten Landi-Neubaus) gehört, mit Strassen erschlossen werden soll.

Der Gemeinderat hat auf Verlangen des Kantons diesem eine Verkehrsstudie  eingereicht. Der Kanton verlangt nun aber Nachbesserungen der Studie , wie Gemeindeammann Hans Ueli Reber an der Sommergmeind bekanntgegeben hat. Welcher Art die inhaltlichen Differenzen zwischen Gemeinderat und Kanton sind, präzisierte Reber an der Gemeindeversammlung nicht, und von der Abteilung Verkehr beim Kanton ist auch nichts  Konkretes zu erfahren. «Die inhaltliche Auseinandersetzung zwischen Kanton und Gemeinde» sei noch nicht abgeschlossen, heisst es aus Aarau. Da bleibt ja nur das Werweissen darüber, ob die inhaltlichen Differenzen so gross sind, dass mit einer Eingung nicht so bald zu rechnen ist, oder ob es sich nur um Lappalien handelt.

Wie da um den heissen Brei herumgeredet wird, lässt eher darauf schliessen, dass von einer baldigen Annäherung nicht auszugehen ist. Der Weg zum nächsten planerischen Schritt, einem Entwicklungsrichtplan und erst recht bis zur Überbauung des Steinhofareals und zur Wiedereröffnung des Gasthofs ist  jedenfalls steinig. Nach dem aktuellen Hoch «Annelie»wird sich  wohl noch manches weitere Hochdruckgebiet aufbauen müssen, bis wir uns unter den kühlenden Bäumen  ein eiskaltes Bier genehmigen dürfen.

In den kommenden Ferienwochen wird  würenblicker gelegentlich von der Regel abweichen, allwöchentlich einen neuen Artikel aufzuschalten.  Das Blogger-Team bittet  um Verständnis. 

Das erste Jahr

Seit einem Jahr ist der stark verjüngte Gemeinderat im Amt. Zeit für ein Zwischenzeugnis, ein ungeschminktes.

Im Wahljahr 2013 war das politische Klima in Würenlos auf den Gefrierpunkt gesunken.

  • Die vom alten Gemeinderat überraschend ins Spiel gebrachte Standortvariante fürs Alterszentrum hatte bei vielen Bürgern das Vertrauen in die Verlässlichkeit der Behörde erschüttert.
  • Der Versuch der FDP, ihren bisherigen Gemeindeammann Hans Ueli Reber auszubooten und durch Gemeinderätin Karin Funk Blaser zu ersetzen, hatte persönliche Blessuren hinterlassen.
  • Die angespannte Finanzlage und die im ersten Anlauf verweigerte Steuererhöhung liessen schmerzvolle Verteilkämpfe und Sparübungen erwarten.

Mit diesen Hypotheken trat das neu gewählte Gremium seine Amtszeit an. Dazu kam, dass die beiden neuen, mit Jahrgang 1984 jüngsten Ratsmitglieder Nico Kunz (FDP) und Lukas Wopmann (BDP) keinerlei Erfahrung aus politischen Ämtern mitbrachten und sich erst in die Dossiers  einarbeiten mussten. Der schwierigen Ausgangslage zum Trotz hat der neue Gemeinderat funktioniert.

Gute Note für die Finanzpolitik. Der Gemeinderat deutete die Zeichen richtig und legte den Fokus seiner Arbeit auf die Sanierung der Gemeindefinanzen. Dem Thema widmete er sich so intensiv, dass zeitweilig der Eindruck entstand, er befinde sich in Dauerklausur und andere Geschäfte kämen eher zu kurz. Es ist glaubhaft, dass in der ganzen Gemeindeverwaltung heute ein ganz anderes Kostenbewusstsein herrscht als früher. Gewissenhaft kam der Rat der Strafaufgabe nach, am Budget 2014 Kürzungen vorzunehmen. Einige der Korrekturen mögen zwar diskutabel und wenig nachhaltig gewesen sein, aber generelle Sparaufträge des Souveräns à la «Wir wissen zwar auch nicht wo, aber spart mal schön!» sind ja auch nicht gerade der Weisheit letzter Schluss.

Konsequent und mutig war die ablehnende Haltung zur Sportplatzprojektierung. Nur fragt sich, ob der Gemeinderat die Sportvereine nicht hätte davor bewahren können, ins offene Messer zu laufen. Vielleicht hätte er noch ein bisschen mehr Mut aufbringen und die Vorlage noch eine Zeitlang in der Schublade ruhen lassen müssen. Der Sportplatz hätte so rascher wieder aufs Tapet kommen können als jetzt nach dem klaren Volks-Nein, das auch als generelle Ablehnung einer neuen Sportanlage gedeutet werden könnte.

Bei anderen wichtigen Geschäften wurden wenige echte Fortschritte erzielt. So entwickelte der Gemeinderat bei der Planung im Gebiet Steinhof/Gewerbegebiet/
Bahnhof und beim Alterszentrum im letzten Jahr durchaus rege Aktivitäten. Sie führten aber noch nicht zum Ziel. Beim Alterszentrum rumorte es hinter den Kulissen erneut gehörig, woran der Gemeinderat nicht ganz unschuldig war. Zusätzlich irritierte, dass Vizeammann Toni Möckel, zuständig für die Altersbetreuung, sich in den Verwaltungsrat des Wettinger Alterszentrums St. Bernhard wählen liess. Dieses kommt – nebst anderen bewährten Institutionen – als künftiger Betreiber des Alterszentrums Würenlos in Frage.  Ein Schuft, wer Böses dabei denkt.

Von Aufbruchstimmung ist insgesamt wenig zu spüren und der Regierungsstil ist weitgehend der alte geblieben. Bei den Gemeinderatswahlen hatten die Würenloserinnen und Würenloser ihrem Wunsch nach frischem Kräften und neuem Schwung Ausdruck gegeben. Betrieben wird aber weiterhin eine introvertierte Kabinettspolitik.  Zu wenig Wert wird darauf gelegt, breite Bevölkerungskreise in die Entscheidungsprozesse einzubinden. Für Ideen von aussen ist man nur bedingt offen, manchmal scheint der Gemeinderat auch beratungsresistent zu sein. In einer Agglomerationsgemeinde mit über 6000 Einwohnern ist dies alles nicht sehr zielführend.

Auch dieser Gemeinderat informiert schlecht. Dabei ist eine offensive und kontinuierliche Information die halbe Miete im politischen Geschäft. Nur wenn eine Behörde Transparenz schafft und bereit ist, ihr Tun der Öffentlichkeit ständig und ungefragt zu erklären, gewinnt sie Vertrauen. Wer Bürger vor vollendete Tatsachen stellt, riskiert totale Ablehnung. 2014 verzichtete der Gemeinderat gänzlich auf sein zu kostspieliges Sprachrohr «Würenloser Nachrichten». Das war sinnvoll. Nur hätte man sich überlegen müssen, wie die entstehende Informationslücke zu schliessen sei.

Am Einsatz aller fünf Ratsmitglieder hat es gewiss nicht gefehlt. Die Arbeit in der Exekutive ist anspruchsvoll. Der Zeitaufwand für dieses Amt ist gross. Gerade die beiden Neuen hatten ihn wohl gehörig unterschätzt. Aber Mitleid wäre fehl am Platz.  Zu hoffen ist, dass die Umsetzung der Verwaltungsanalyse den Gemeinderäten ermöglicht, ihren Blick vermehrt über die Tagegeschäfte hinaus in die Zukunft zu richten. Denn da besteht das grösste Defizit.

Der Gemeinderat lässt uns im Unklaren darüber, wie er die Zukunft der Gemeinde gestalten will. In dieser Frage muss er die Führungsrolle übernehmen. Wohl mögen unsere Gemeinderäte vom Typ her eher Macher als Gestalter oder gar Visionäre sein. Aber nur wenn sie eine gemeinsame Vorstellung von Würenlos in 20, 30 Jahren haben,  müssen sie nicht ständig wie die «alte Fasnacht» der von anderen vorangetriebenen Entwicklung hinterher hächeln. Nur dann sind gute Entscheide möglich, die über den Tag hinaus Bestand haben.

Auf den Gemeinderat wartet also weiterhin viel Arbeit. Schade, dass die Teambildung nicht abgeschlossen ist und ein Verlust an Finanz-Know-how droht. Im Sommer verlässt Karin Funk Blaser vorzeitig den Rat. Am 26. April ist ihre Nachfolgerin oder ihr Nachfolger zu wählen.