Alterszentrum: Verwelkende Margerite

Reizvolles Zusammenspiel von Zentrumswiese, Furtbach, Alter Mühle und Anhöhe mit der Kirche. Erhaltenswert finden die einen, zusammen mit der kantonalen Denkmalpflege. Nein, genau dahin müsse das Alterszentrum zu stehen kommen, meinen die anderen. Dorfidyllen wie diese hätten wir noch einige. (Bild: würenblicker)

Am 12. März stimmen wir Würenloserinnen und Würenloser darüber ab, ob der insolvent gewordenen Alterszentrum Würenlos AG mit einer Viertelmillion Franken unter die Arme gegriffen werden soll. Das Geld benötigt die gemeindeeigene AG hauptsächlich, um die vom Gemeinderat verweigerte  Baubewilligung für das Alterszentrumsprojekt Margerite auf dem Rechtsweg doch noch erkämpfen zu können. Anders als Margerite-Befürworter behaupten, macht ein «Ja» aber noch längst nicht «den Weg frei für ein Alterszentrum im Herzen von Würenlos». 

Die Margerite-Geschichte für jene, die sie nicht schon kennen. Links anklicken und lesen.

Worum geht es in der Abstimmung?

Die Alterszentrum Würenlos AG (AZ AG) ist aktuell praktisch pleite. 2016 hatte die Gemeindeversammlung beschlossen, für den Bau des Alterszentrum diese AG zu gründen und ihr einen Rahmenkredit von 4 Mio. Franken zu gewähren. Von dem wurden vorerst 1,5 Mio. Franken zur Auszahlung freigegeben. Dieses Geld war rascher ausgegeben als geplant. Der Verwaltungsrat der AZ AG hatte die Kontrolle über die Ausgaben vernachlässigt und es versäumt, rechtzeitig um die Freigabe zusätzlicher Mittel zu ersuchen. 2022 war die AG verschuldet und ihr fehlte das Geld, um die Baubewilligung für das Projekt Margerite auf dem Rechtsweg doch noch zu erstreiten. Der Gemeinderat hatte das Baugesuch ablehnen müssen, da der Kanton, genauer die kantonale Denkmalpflege, die erforderliche Zustimmung verweigert hatte.

Die Denkmalpflege vertritt den Standpunkt, das Projekt Margerite stehe am falschen Ort auf der Zentrumswiese. Der Neubau zerstöre die Einheit von Wiese und Furtbach und beinträchtige das Ortsbild zu stark, namentlich die unter kommunalem Schutz stehenden Bauten Alte Mühle und Turm der katholischen Kirche.

«Notfallmässig» hat die Gemeindeversammlung im Dezember 2022 schliesslich doch noch zwei weitere Kredittranchen genehmigt. Die eine in der Höhe von 350’000 Franken zum Tilgen bereits aufgelaufener Schulden ist mittlerweile rechtskräftig. Gegen die andere in der Höhe von 250’000 Franken, mit der das Rechtsmittelverfahren (Anwalt- und Verfahrenskosten) und der Weiterbetrieb der AG (Verwaltungsratshonorare, andere Unkosten) finanziert werden sollen, ist das Referendum ergriffen worden.

Die Erfolgschancen, auf dem Rechtsweg doch noch zur Baubewilligung für das Projekt Margerite zu kommen, schätzt die AZ AG auf «knapp 50%» ein, für das Referendumskomitee liegen sie weit darunter. Deshalb sei es klüger, schon jetzt die Reissleine zu ziehen und das so eingesparte Geld in ein neues Projekt mit grösseren Realisierungschancen zu investieren.  Nach dem Motto «Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende». 

Was geschieht, wenn eine Mehrheit «Ja» stimmt?

Die Alterszentrum Würenlos AG erhält das Geld, um sich gegen die Verweigerung der Baubewilligung zu wehren. Der Rechtsweg führt falls nötig über drei Instanzen: Regierungsrat, Verwaltungsgericht, Bundesgericht. Das Verfahren vor dem Regierungsrat ist bereits hängig. Ob ein für die AZ AG ungünstiger Entscheid ans Verwaltungs- und allenfalls gar ans Bundesgericht weiter gezogen würde, lassen die AG und der Gemeinderat noch offen. Die AZ AG erhält auch die Mittel, um ihr Funktionieren vorerst sicherzustellen ( Verwaltungsratshonorare, andere Unkosten).

Entscheidet der Regierungsrat zugunsten der AZ AG, so wäre dies aber nur ein Teilerfolg für die AG. Denn die privaten Einwender im Baubewilligungsverfahren lassen keinen Zweifel daran, dass sie eine nachträglich erteilte Baubewilligung anfechten würden. Ins jetzige Verfahren vor Regierungsrat sind sie nicht involviert, weil die auf Druck des Kantons erfolgte Verweigerung der Baubewilligung durch den Gemeinderat durchaus in ihrem Sinn lag. 

Was geschieht bei einem «Nein»? 

Der Entscheid der Gemeindeversammlung wird annulliert. Die 250’000 Franken aus dem Rahmenkredit werden nicht freigegeben. Unklar ist, welche Möglichkeiten bestünden, damit die Alterszentrum AG trotzdem den Konkurs vermeiden und den Rechtsweg allenfalls weiter beschreiten könnte. Abgesehen von einem ungeschickten Vorpreschen von Toni Möckel, dem Gemeindeammann und VR-Präsidenten der Alterszentrum Würenlos AG, hat sich der Gemeinderat dazu bisher nicht geäussert.

Ein «Nein» an der Urne würde wohl je nach Interessenlage unterschiedlich interpretiert. Als generelles Nein zu einem Alterszentrum der Gemeinde in irgendeiner Form dürfte es aber nicht interpretiert werden. Zu offensichtlich ist der in Jahrzehnten entstandene Nachholbedarf beim Wohnen im Alter. 

Wie kommt Würenlos schneller zu einem Alterszentrum?

Ob bei einem «Ja» oder bei einem «Nein» an der Urne, das kann im Moment niemand mit Gewissheit sagen. Alle bisher genannten Daten für die Eröffnung des Alterszentrums haben sich als krasse Fehleinschätzungen erwiesen. Werden zwei oder drei Rekursinstanzen angerufen, vergehen rasch Jahre. Ebenso, wenn das Projekt Margerite nach einem «Nein» beerdigt und ein anderes Projekt – wo auch immer, wie gross auch immer – aufgegleist und realisiert würde.

So oder so ist die Abstimmung wichtig. Da am 12. März keine kantonale oder eidgenössische Vorlage zur Abstimmung kommt, ist eine eher tiefe Stimmbeteiligung zu erwarten. Bei einer 35%igen Stimmbeteiligung würden etwa 1500 Stimmberechtigte über die Vorlage entscheiden (an der Gemeindeversammlung waren es 172 Stimmberechtigte). Der Entscheid an der Urne könnte knapp ausfallen, knapper jedenfalls als an der Gemeindeversammlung (60% Ja). Es hängt wesentlich davon ab, welches Lager mehr Abstimmende mobilisieren kann.  Eine Petition im Sommer 2022 zugunsten des Projektes Margerite fand 483 Unterstützende, das Referendum gegen die 250’000-Franken-Geldspritze kam mit 507 gültigen Unterschriften zustande. 

Die bisherige Planung ist keine Erfolgsgeschichte. Vielleicht in bester Absicht, nach Jahrzehnten vergeblichen Bemühens raschmöglichst zu einem Alterszentrum zu kommen, sind Dinge passiert, die so nie hätten passieren dürfen, die hätten vermieden werden können oder die zumindest sehr viel besser hätten erklärt werden müssen. (Siehe grau unterlegte Textbox am Schluss)

Die Gesamtheit dieser Vorkommnisse hat das Vertrauen in den Verwaltungsrat der AZ AG, ein Stück weit aber auch in den Gemeinderat (=Generalversammlung der AZ AG) erschüttert. Werden sie das «Abenteuer Margerite» aus der verfahrenen Situation herausführen können? Dass VR-Präsident Toni Möckel nun seinen Rückzug aus der AZ AG angekündigt hat, aber noch nicht klar ist, wer an seine Stelle treten wird, erleichtert uns Stimmberechtigten die Entscheidung nicht.

Man braucht sich nicht zu schämen, Vorbehalte gegenüber dem Projekt Margerite zu haben. Ich persönlich habe mich von Anfang an sehr gewundert, weshalb ausgerechnet dieses Projekt im seinerzeitigen Studienwettbewerb das Rennen gemacht hat. Später haben mich die zutage getretenen Fehler, Demokratie- und Informationsdefizite immer stärker gestört. Ich halte die jetzige Situation für derart verfuhrwerkt, dass die personellen und finanziellen Mittel besser für einen gut überlegten Neuanfang beim Wohnen im Alter eingesetzt werden.

Der Weg ins Desaster
Eine subjektive Einschätzung, zu der würenblicker nach reiflicher Überlegung gelangt ist.
Verzicht auf einen Gestaltungsplan für das Gesamtareal Zentrumswiese, Rössli, Post.
Irreführender (behördenverbindlicher) Masterplan plus für das Zentrumsareal.
Mangelnde Sensibilität gewisser Akteure fürs Ortsbild in einer stark wachsenden Agglomerationsgemeinde.
Viel zu später Einbezug der Kant. Denkmalpflege in die Planung.
Ignorieren von kritischen Stimmen (z.B. Ortsbildschutzkommission).
Versuch, das Postareal an eine Spekulantengruppe zu verscherbeln, bevor der Zweck des seinerzeitigen Kaufs (Spielraum für die Planung Alterszentrum) erreicht war.*
Vernachlässigte Kostenkontrolle/Illiquidität der Alterszentrum AG. Eine Peinlichkeit sondergleichen. Als Ausrede musste sogar der Tod eines Verwaltungsratsmitglieds herhalten, wie wenn ein Verwaltungsratsgremium als Ganzes nicht verantwortlich wäre für eine ordnungsgemässe Geschäftsführung.
Bessere Verkehrserschliessung der Zentrumswiese bis heute nicht gesichert.* 
(*Anträge dazu von der Gemeindeversammlung 2021 zurückgewiesen)

Möckel: Rücktritt beim Alterszentrum

Die Gemeindeabstimmung vom 12. März wirft ihre Schatten voraus: Gemeindeammann Toni Möckel wird als Verwaltungsratspräsident und VR-Mitglied der Alterszentrum Würenlos AG zurücktreten. Und zwar auf die Generalversammlung der AG im Frühling. Dies habe er dem Gemeinderat mitgeteilt, berichtet das «Badener Tagblatt».

Der Gemeinderat werde sich um die Nachfolgeregelung kümmern.  Das «BT» beruft sich auf eine Mitteilung der Gemeinde vom Dienstag (unter «Gemeindenachrichten» war auf der Website der Gemeinde bis Mittwochnachmittag allerdings nichts davon zu lesen).

Die Doppelrolle Möckels als Gemeindeammann und Verwaltungsratspräsident der Alterszentrum Würenlos AG war wiederholt scharf kritisiert worden (unter anderem auch in diesem Blog). Der Entscheid Möckels verdient Respekt, auch wenn taktische Überlegungen mit eine Rolle gespielt haben dürften.

Die Rücktrittsankündigung erfolgt wohl nicht zufällig jetzt – keinen Monat vor  der Gemeindeabstimmung über die Auszahlung einer weiteren Kredittranche von 250’000 Franken an die Alterszentrum Würenlos AG. Die gemeindeeigene AG benötigt das Geld, damit sie den baurechtlichen Streit ums Alterszentrum auf der Zentrumswiese weiterführen kann.

Die Gemeindeversammlung im Dezember hatte beschlossen, das Geld freizugeben. Dagegen wurde erfolgreich das Referendum ergriffen. Ob mit der Rücktrittsankündigung das Vertrauen in die angeschlagene Alterszentrum Würenlos AG gestärkt wird oder nicht und ob sich mit Möckels Entscheidung die Chance für ein Ja in der Referendumsabstimmung verbessert, wird sich weisen.

Furttalmesse abgeblasen

Die Furttalmesse, die vom 21. bis 23. April auf dem Schulareal hätte stattfinden sollen, ist abgesagt. Wegen zu geringem Interesse der Gewerbetreibenden. 

Das Interesse bei den Unternehmen im ganzen Furttal war um 40% geringer als 2016 bei der ersten Furttalmesse in Würenlos.  Noch unter dem Namen Würenloser Messe präsentierten sich damals an über 80 Ständen Gewerbe-, Dienstleistungs- und Gastrobetriebe aus dem ganzen Furttal und seiner Umgebung. Doch für die Zweitauflage im kommenden April hatten sich bis Ende Januar keine 60 Interessenten angemeldet. 

Zieht man in Betracht, dass es sich unter den 33 Angemeldeten von ausserhalb Würenlos bei einem Drittel um Gastrobetriebe (Foodtrucks, Confiserien etc.) handelte, war vor allem das Interesse im Gewerbe des zürcherischen Furttals gering. Doch auch bei Würenloser Unternehmen war das Interesse geringer als 2016. Wie das OK in einem Brief an die Gewerbetreibenden schreibt, fürchtete das OK, mit einer Messe von bescheidenerem Ausmass zu wenig Leute ansprechen zu können. Damit wäre wiederum das finanzielle Risiko für die Organisatoren wie auch für die Verpflegungsbetriebe zu gross geworden.

Für das geschwundene Interesse führt das OK einige Gründe auf: «Fachkräftemangel, hohe Auftragslage». Tatsächlich dürfte deshalb manchem Gewerbebetrieb die Zeit fehlen, einen attraktiven Messeauftritt vorzubereiten. Vielleicht glaubt er auch, mit einem eigenen Anlass (Tag der offenen Türe, Hausmesse usw.) die von ihm angepeilte Kundschaft  besser ansprechen zu können.

Möglicherweise ist das aber nur die halbe Wahrheit. Denn anderswo fanden oder finden nach pandemiebedingtem Unterbruch ähnliche Veranstaltungen wie die Furttalmesse durchaus statt. So etwa in Dielsdorf oder Wädenswil. Ist die Distanz zwischen Regensdorf und Würenlos gefühlsmässig vielleicht doch grösser als die 9,5 Kilometer, welche mir der Routenplaner angibt? Vielleicht trennt die Kantonsgrenze doch stärker als wir uns das eingestehen? Vor allem das Gewerbe im oberen zürcherischen Furttal ist wohl stärker auf die Stadt Zürich, das Zürcher Limmattal und die Flughafenregion ausgerichtet als auf die aargauische Nachbarregion. 

Es fragt sich aber auch, ob Gewerbeschauen herkömmlichen Zuschnitts nicht etwas aus der Zeit gefallen sind. Und in Gewerblerkreisen ist die Diskussion nicht neu, ob solche Grossanlässe ihren Zweck noch erfüllen. Hand aufs Herz! Kaufe ich die neue Waschmaschine wirklich bei jenem Gewerbler, der mich an der letzten Gewerbschau oder -messe mit einem Gratiskaffee oder einem anderen kleinen Geschenkli erfreut hat?  Selbst grosse Publikumsmessen wie die Muba oder Züspa werden nicht mehr durchgeführt. Preise lassen sich im Internet schneller vergleichen. Wogegen enger fokussierte Themenmessen – etwa zu den Themen Garten, Bauen, Reisen oder Lebensführung – bei ihrem Zielpublikum gut ankommen.

Vielleicht war es auch ziemlich kühn, die Furttaler Messe zeitlich nur acht Monate nach dem Dorffest in Würenlos anzusetzen. Etliche Gewerbler, vor allem aber auch Vereine und Institutionen waren ja auch am Dorffest engagiert. Und viele von ihnen keine vier Monate später auch am wiederum gut besuchten Christkindlimärt

In die Furttalmesse integriert gewesen wäre der ebenfalls vom Gewerbeverein Würenlos getragene, traditionelle Früeligsmärt. Er findet nun eigenständig am Samstag, 22. April, statt. Wie der Gewerbeverein im Schreiben an die Aussteller der Furttalmesse schreibt, könnte der Früeligsmärt für die eine oder andere Aussteller/in eine Alternative zur abgeblasenen Messe sein.