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Spitex auf Solotour

Die Spitex in den Nachbargemeinden Killwangen, Neuenhof, Spreitenbach und Wettingen soll zu einer Organisation verschmolzen werden. Die Fusion kommt in Killwangen und Spreitenbach an die Winter-Gemeindeversammlungen, sie ist heftig umstritten. Eine Würenloserin hat sich schriftlich beim Gemeinderat erkundigt, weshalb Würenlos sich nicht am Projekt der Nachbargemeinden beteiligt habe.

Der Würenloserin war aufgefallen, dass die fast doppelt so grosse Gemeinde Spreitenbach 2014 für die ambulante Krankenpflege rund 400’000 Franken bezahlte, das kleinere Würenlos aber annähernd 500’000 Franken. Eine ziemlich erklärungsbedürftige Differenz – auch wenn neben der Einwohnerzahl noch viele andere Faktoren (zum Beispiel das Angebot bei den nicht kassenpflichtigen Leistungen, die Alters- oder Siedlungsstruktur  einer Gemeinde) die Spitexkosten beeinflussen.

Seit längerem ist in der ganzen Schweiz eine Welle von Fusionen in der öffentlichen (nicht gewinnorientierten) Spitex zu beobachten. Auch im Aargau haben sich zahlreiche lokale Spitex-Organisationen zu grösseren Einheiten zusammengeschlossen, so etwa in der Regionen Brugg, Heitersberg, Mutschellen und Suhrental.

Die Fragestellerin hat Antwort bekommen in einem ausführlichen, von Gemeindeammann Hans Ueli Reber und Gemeindeschreiber Daniel Huggler unterzeichneten Schreiben. Zudem nahm nun Gemeinderat Nico Kunz, der auch den Spitex-Verein Würenlos präsidiert, in der AZ Stellung. Link zum Artikel. Die Stellungnahme des Gemeinderates lässt sich so zusammenfassen: Vom Fusionsprojekt habe man sich ferngehalten, weil die Gemeinde mit der Spitex Würenlos über eine Organisation verfügt, die eine sehr gute Leistung erbringt und eine sehr zufriedene Kundschaft hat. Es sei nicht erwiesen, dass die Gemeinde bei einer Beteiligung an der regionalen Spitex sparen könnte. Statt einer Fusion werde die betriebliche Integration der Spitex Würenlos ins Alterszentrum angestrebt. Sollte dieses nicht zustande kommen, könne sich die Gemeinde später immer noch an einer regionalen Spitex beteiligen.

Die betriebliche Integration der Spitex in das Pflegezentrum ist eine in der Schweiz nicht sehr verbreitete, aber denkbare Organisationsform. Nur scheint es mir ziemlich risikoreich zu sein, die weitere Entwicklung der Spitex mit dem Schicksal des Alterszentrums zu verknüpfen. Bis ein Alterszentrum den Betrieb aufnehmen wird, dürfte noch viel Wasser den Furtbach hinab fliessen. Und die sehr dynamische Entwicklung im Gesundheitswesen kann durchaus schon früher zu Handlungsbedarf bei der Spitex führen. Spitex-Strukturen dürfen nicht unantastbar sein.

Es sind nicht allein die Spitexdefizite, welche die Fusionswelle ausgelöst haben. Ebensosehr sind es höhere betriebliche und fachliche Anforderungen, die etwa in der kantonalen Pflegeverordnung an die Spitex-Organisationen gestellt werden (z.B. Pflegeangebot auch in den Abendstunden, Psychiatriepflege, Ausbildungspflicht). Ins Kraut geschossen ist zudem die Bürokratie im Verkehr zwischen Spitex und Krankenkassen.

Zu Unrecht werde oft davon ausgegangen, dass sich mit Fusionen Kosten sparen liessen, erklärte der Organisationsexperte Johannes Zuberbühler, der auch das Fusionsprojekt in unserer Nachbarschaft begleitet, schon vor einigen Jahren in der Fachzeitschrift «Schauplatz Spitex». Die Summe aller Beiträge , welche die beteiligten Gemeinden an die Spitex zu bezahlen haben, sinkt nach einer Fusion kaum. Meistens ist es auch so, dass einige Gemeinden nach der Fusion mehr und andere dafür weniger bezahlen müssen. An diesem Umstand scheitern Fusionsprojekte nicht selten.

Grösster Ausgabenposten ist das Personal. Da eine fusionierte Spitex  ja nicht weniger Klienten und Klientinnen zu versorgen hat als zuvor die kleineren Organisationen zusammen, lässt sich mit Fusionen kaum Personal in grösserem Stil abbauen. In der Region Brugg fiel nach der Fusion gerade mal eine Stelle in der Administration weg.

Doch ein Zusammenschluss kann eben positive Effekte nicht finanzieller Art haben – selbst dann, wenn eine lokale Spitex sehr gut geführt ist und alles daran setzt, ihre Leistungen auch effizient zu erbringen. Der Bericht der Steuergruppe für das regionale Spitexprojekt in unserer Nachbarschaft zählt solche Vorteile auf. Link zum Bericht. Bei Fusionsentscheiden werden diese  Effekte gerne untergewichtet, andere  dafür zu stark gewichtet. So ist es für die allermeisten Klienten völlig unwichtig, ob sich der Spitex-Stützpunkt in der eigenen oder in einer Nachbargemeinde befindet. Und wie viele verschiedene Pflegekräfte eine Klientin oder einen Klienten betreuen, hängt nicht von der Grösse der Spitex-Organisation ab, sondern von deren Betriebskonzept.

Der Würenloser Alleingang lässt sich im Moment ausreichend begründen. Interessant wäre es aber schon gewesen, wir hätten bei der Fusionsvorbereitung mitgemacht und wüssten nun– wie die Spreitenbacher oder Killwangener – , was uns die ambulante Pflege im Rahmen einer fusionierten Spitex kosten würde. Wird das Fusionsprojekt in Killwangen und Spreitenbach abgelehnt, hätte Würenlos zwar keine Chance vertan. Kommt’s aber zur Fusion, wird die Spitex Würenlos künftig  unter schärferer Beobachtung stehen. Wird sie leistungs- und kostenmässig mithalten können?

Minimallösung für Rasensportler

Keine 15 Monate, nachdem in einer Referendumsabstimmung ein Projektierungskredit für einen neuen Sportplatz Tägerhard abgelehnt worden ist, kommt nun gleich ein Ausführungskredit von 1,26 Millionen Franken vor die Gemeindeversammlung. Das ist ungewöhnlich, aber keine Zwängerei.

♦ Erstens stehen dem  Sportverein Würenlos (SVW)  und dem Rugbyclub Würenlos seit langem nicht genügend Spiel- und Trainingsplätze zur Verfügung und deren Gesamtfläche ist durch den Kindergarten- und Schulhausbau gar noch geschrumpft.

♦ Zweitens wird eine massiv abgespeckte Variante präsentiert: Vor allem Natur- statt Kunstrasen.

♦ Drittens beteiligen sich  die Fussballer und Rugbyspieler in  beachtlich hohem Masse an den Kosten.

♦ Viertens wird auf die Sanierung des Sportplatzes Ländli verzichtet, wofür im Finanzplan für 2016 eine Million Franken eingestellt war.

♦ Fünftens hat sich die Finanzlage der Gemeinde leicht verbessert.

Das neue Rasenfeld (hellgrün) an der Industriestrasse.
Das neue Rasenfeld (hellgrün) an der Industriestrasse.

Dem Gemeinderat ist fürs Erste zu glauben, dass die finanzielle Lage der Gemeinde die 1,26 Millionen-Investition nun zulässt. Einsparungen und die Steuererhöhung fürs laufende Jahr tragen Früchte. Auch dank unerwartet hohen Steuererträgen reduzierten sich die Schulden 2014 um 325000 Franken. Die Einwohnergemeinde hatte  Ende 2014 Schulden von 18,726 Mio. Franken, Im Finanzplan 2013 – 2020 war für Ende 2014 mit Schulden von 21,7 Mio. Franken gerechnet worden. (Achtung: Hier ist gegenüber der Erstfassung dieses Artikels eine erhebliche Korrektur erfolgt, Ursprünglich war von einem viel höheren effektiven Schuldenabbau die Rede.).  Abschliessend wird die finanzielle Tragbarkeit erst zu beurteilen sein, wenn das Budget 2016 und der überarbeitete Finanzplan bekannt sind. Andere Gemeinden rechnen fürs kommende Jahr mit grösseren Einbrüchen bei den Steuereinnahmen. Auf unser Budget darf man da gespannt sein!

Die abgespeckte Sportplatzvorlage hat dann gute Chancen, vom Stimmvolk durchgewinkt zu werden, wenn die Sparschraube nicht  über das bisherige Mass hinaus angezogen werden muss – auf Kosten anderer, ebenfalls berechtigter Anliegen.

Es ist erfreulich, dass die Arbeitsgruppe unter Gemeinderat Nico Kunz in so kurzer Zeit ein Resultat vorlegen kann. In Würenlos lässt sich also schon etwas bewegen, wenn alle am gleichen Ende des Strickes ziehen. Die Rasensportvereine mussten einsehen, dass sie nur dann Aussicht auf rasche Linderung ihrer Platznot haben, wenn sie ihre Forderungen auf ein Minimum beschränken und sich in erheblichem Masse auch finanziell beteiligen. Ein gänzlich privat finanzierter Sportplatz, wie ihn wohl einige Sportplatzgegner gerne sähen,  ist Amateurclubs aber nicht zuzumuten.

Die Lage der Clubs wird auch künftig nicht komfortabel sein. Ein Naturrasen kann weniger intensiv genutzt werden als ein Kunstrasen. Laut Daniel Zehnder vom SVW sind es bei Naturrasen etwa 900 Nutzungsstunden pro Jahr, bei Kunstrasen 1300 bis 1500 Stunden. Die finanziellen Lasten aber, die sich die Vereine aufbürden, sind gross. Sie werden auf eigene Kosten Container für Duschen/Garderobe, WCs und Material beschaffen. Aufwändig wird auch deren Reinigung und Unterhalt sein,  wofür die Sportvereine  ebenfalls selber aufkommen müssen. Das alles ist kein Pappenstiel!

SVW und Rugbyclub haben gegenüber der Gemeinde ein Zahlungsversprechen von 80 000 Franken abgegeben. Damit lassen sich gemäss eingeholten Offerten 2 Dusch-, 1 WC- und 1 Materialcontainer als Occasionen beschaffen. Es wird darin eng zu und her gehen. So werden gerademal 12 Personen aufs Mal duschen können. «Es geht  um ein Provisorium», sagt Daniel Zehnder. Im Projekt mini plus von 2013 war zwar auch von einer Containergarderobe die Rede. Doch war damals  ein definitives,  grosszügigeres  Gebäude in Modul- oder Containerbauweise vorgesehen.

Um die Container  neben dem Spielfeld aufstellen zu können, muss der Standort  erst erschlossen werden. Dazu wird die Dezember-Gemeindeversammlung einen zusätzlichen Kredit bewilligen müssen. Mit diesem wird aber gleichzeitig auch das angrenzende Gewerbeland der Ortsbürger erschlossen. Im jetzigen Sportplatzprojekt sind keine Parkplätze enthalten, es können jene der Huba Control benützt werden. Auf eine Buserschliessung wird verzichtet, was laut Nico Kunz zulässig ist. Das Rasenfeld komme in eine Zone zu liegen , die durch die Buslinie 1 als ausreichend erschlossen gelte.

Den grössten Teil der Projektierungsarbeiten leisteten unentgeltlich Mitglieder der Arbeitsgruppe – Baufachleute zwar, aber keine ausgesprochene Sportplatzspezialisten. Gleichwohl ist zu hoffen, dass wenigstens das Rasenfeld in hoher Qualität erstellt wird – sonst werden die nun auf 30 000 Franken veranschlagten Unterhaltskosten (inkl. Baurechtszins an die Ortsbürger) subito in die Höhe schiessen. Der Trainingsplatz neben dem Kindergarten Feldstrasse muss eine Lehre sein . Dort wurde der neue Rollrasen auf eine völlig untaugliche Unterlage verlegt, was nach wenigen Monaten schon eine teure Sanierung erforderte.

Aufs Ganze betrachtet ist die  Befürchtung  wohl nicht ganz unbegründet, der Sportplatzkredit sei aus politischen Gründen auf Teufel komm raus nahe an die ominöse Millionengrenze runter gedrückt worden.  Reserven für Unvorhergesehenes enthält er nicht, wie Nico Kunz einräumt. Wenn es da beim Bau nur keine bösen Überraschungen gibt! Der Baugrund des Spielfeldes, eine aufgefüllte Kiesgrube, stelle aber laut Experten kein Risiko dar, so Kunz.

Kostenwahrheit hat bei dieser Vorlage aus Sicht der Stimmberechtigten ebenso hohe Priorität wie aus Sicht der Sportvereine der Bau des neuen Rasenfeldes. Die Stimmberechtigten würden sich wohl hinters Licht geführt fühlen, wenn hohe Nachtragskredite nötig würden, beim neuen Sportplatz schon nach wenigen Jahren teure Nachbesserungen fällig würden oder die  Vereine  von den Verpflichtungen, die sie nun eingehen, entlastet werden müssten.

Das Rasenfeld im Tägerhard ist die erste einer ganzen Reihe von Investitionen im Sportbereich, die gemäss dem Konzept der Arbeitsgruppe noch folgen könnten. Dann ist  den Bedürfnissen der Schule und anderer Sportler, zum Beispiel der jungen Leichtathleten des TVs, Rechnung zu tragen. Fussballer und Rugbyspieler werden eine Zeitlang zurückstehen müssen. Zudem macht der Gemeinderat weitere Investitionen  in Sportanlagen generell von der Finanzlage der Gemeinde abhängig.  Anspruch auf weitere neue Anlagen haben die Sportvereine  aufgrund dieses Konzeptes also nicht.

Links zur offiziellen Mitteilung der Einwohnergemeinde  und zu einem Artikel von Dieter Minder  im «Badener Tagblatt».

Das erste Jahr

Seit einem Jahr ist der stark verjüngte Gemeinderat im Amt. Zeit für ein Zwischenzeugnis, ein ungeschminktes.

Im Wahljahr 2013 war das politische Klima in Würenlos auf den Gefrierpunkt gesunken.

  • Die vom alten Gemeinderat überraschend ins Spiel gebrachte Standortvariante fürs Alterszentrum hatte bei vielen Bürgern das Vertrauen in die Verlässlichkeit der Behörde erschüttert.
  • Der Versuch der FDP, ihren bisherigen Gemeindeammann Hans Ueli Reber auszubooten und durch Gemeinderätin Karin Funk Blaser zu ersetzen, hatte persönliche Blessuren hinterlassen.
  • Die angespannte Finanzlage und die im ersten Anlauf verweigerte Steuererhöhung liessen schmerzvolle Verteilkämpfe und Sparübungen erwarten.

Mit diesen Hypotheken trat das neu gewählte Gremium seine Amtszeit an. Dazu kam, dass die beiden neuen, mit Jahrgang 1984 jüngsten Ratsmitglieder Nico Kunz (FDP) und Lukas Wopmann (BDP) keinerlei Erfahrung aus politischen Ämtern mitbrachten und sich erst in die Dossiers  einarbeiten mussten. Der schwierigen Ausgangslage zum Trotz hat der neue Gemeinderat funktioniert.

Gute Note für die Finanzpolitik. Der Gemeinderat deutete die Zeichen richtig und legte den Fokus seiner Arbeit auf die Sanierung der Gemeindefinanzen. Dem Thema widmete er sich so intensiv, dass zeitweilig der Eindruck entstand, er befinde sich in Dauerklausur und andere Geschäfte kämen eher zu kurz. Es ist glaubhaft, dass in der ganzen Gemeindeverwaltung heute ein ganz anderes Kostenbewusstsein herrscht als früher. Gewissenhaft kam der Rat der Strafaufgabe nach, am Budget 2014 Kürzungen vorzunehmen. Einige der Korrekturen mögen zwar diskutabel und wenig nachhaltig gewesen sein, aber generelle Sparaufträge des Souveräns à la «Wir wissen zwar auch nicht wo, aber spart mal schön!» sind ja auch nicht gerade der Weisheit letzter Schluss.

Konsequent und mutig war die ablehnende Haltung zur Sportplatzprojektierung. Nur fragt sich, ob der Gemeinderat die Sportvereine nicht hätte davor bewahren können, ins offene Messer zu laufen. Vielleicht hätte er noch ein bisschen mehr Mut aufbringen und die Vorlage noch eine Zeitlang in der Schublade ruhen lassen müssen. Der Sportplatz hätte so rascher wieder aufs Tapet kommen können als jetzt nach dem klaren Volks-Nein, das auch als generelle Ablehnung einer neuen Sportanlage gedeutet werden könnte.

Bei anderen wichtigen Geschäften wurden wenige echte Fortschritte erzielt. So entwickelte der Gemeinderat bei der Planung im Gebiet Steinhof/Gewerbegebiet/
Bahnhof und beim Alterszentrum im letzten Jahr durchaus rege Aktivitäten. Sie führten aber noch nicht zum Ziel. Beim Alterszentrum rumorte es hinter den Kulissen erneut gehörig, woran der Gemeinderat nicht ganz unschuldig war. Zusätzlich irritierte, dass Vizeammann Toni Möckel, zuständig für die Altersbetreuung, sich in den Verwaltungsrat des Wettinger Alterszentrums St. Bernhard wählen liess. Dieses kommt – nebst anderen bewährten Institutionen – als künftiger Betreiber des Alterszentrums Würenlos in Frage.  Ein Schuft, wer Böses dabei denkt.

Von Aufbruchstimmung ist insgesamt wenig zu spüren und der Regierungsstil ist weitgehend der alte geblieben. Bei den Gemeinderatswahlen hatten die Würenloserinnen und Würenloser ihrem Wunsch nach frischem Kräften und neuem Schwung Ausdruck gegeben. Betrieben wird aber weiterhin eine introvertierte Kabinettspolitik.  Zu wenig Wert wird darauf gelegt, breite Bevölkerungskreise in die Entscheidungsprozesse einzubinden. Für Ideen von aussen ist man nur bedingt offen, manchmal scheint der Gemeinderat auch beratungsresistent zu sein. In einer Agglomerationsgemeinde mit über 6000 Einwohnern ist dies alles nicht sehr zielführend.

Auch dieser Gemeinderat informiert schlecht. Dabei ist eine offensive und kontinuierliche Information die halbe Miete im politischen Geschäft. Nur wenn eine Behörde Transparenz schafft und bereit ist, ihr Tun der Öffentlichkeit ständig und ungefragt zu erklären, gewinnt sie Vertrauen. Wer Bürger vor vollendete Tatsachen stellt, riskiert totale Ablehnung. 2014 verzichtete der Gemeinderat gänzlich auf sein zu kostspieliges Sprachrohr «Würenloser Nachrichten». Das war sinnvoll. Nur hätte man sich überlegen müssen, wie die entstehende Informationslücke zu schliessen sei.

Am Einsatz aller fünf Ratsmitglieder hat es gewiss nicht gefehlt. Die Arbeit in der Exekutive ist anspruchsvoll. Der Zeitaufwand für dieses Amt ist gross. Gerade die beiden Neuen hatten ihn wohl gehörig unterschätzt. Aber Mitleid wäre fehl am Platz.  Zu hoffen ist, dass die Umsetzung der Verwaltungsanalyse den Gemeinderäten ermöglicht, ihren Blick vermehrt über die Tagegeschäfte hinaus in die Zukunft zu richten. Denn da besteht das grösste Defizit.

Der Gemeinderat lässt uns im Unklaren darüber, wie er die Zukunft der Gemeinde gestalten will. In dieser Frage muss er die Führungsrolle übernehmen. Wohl mögen unsere Gemeinderäte vom Typ her eher Macher als Gestalter oder gar Visionäre sein. Aber nur wenn sie eine gemeinsame Vorstellung von Würenlos in 20, 30 Jahren haben,  müssen sie nicht ständig wie die «alte Fasnacht» der von anderen vorangetriebenen Entwicklung hinterher hächeln. Nur dann sind gute Entscheide möglich, die über den Tag hinaus Bestand haben.

Auf den Gemeinderat wartet also weiterhin viel Arbeit. Schade, dass die Teambildung nicht abgeschlossen ist und ein Verlust an Finanz-Know-how droht. Im Sommer verlässt Karin Funk Blaser vorzeitig den Rat. Am 26. April ist ihre Nachfolgerin oder ihr Nachfolger zu wählen.

Finanzielle Morgenröte?

Der Schuss ist draussen: Der Gemeinderat beantragt erneut eine Steuererhöhung und zwar um 5 auf neu 109 Prozent. Kommt der Antrag durch, zeigt sich schwache Morgenröte am Würenloser Finanzhorizont.

Folgt die Gemeindeversammlung am 9. Dezember dem Gemeinderat, dann ist im Budget 2015 ein Ertragsüberschuss von 1,6 Millionen Franken und damit ein Schuldenabbau auf noch knapp 21 Millionen möglich. Vor einem Jahr beliefen sich die Netto-Schulden noch auf 24,3 Millionen. Der Gemeinderat peilt mittelfristig eine Verschuldung von 12 Millionen Franken an, ist aber nicht gewillt, dieses Ziel mit Sparmassnahmen allein zu erreichen. «Man kann eine Gemeinde auch zu Tode sparen, das wollen wir nicht», sagte Finanzvorsteherin Karin Funk an der Orientierungsversammlung vom Dienstagabend.

Der Gemeinderat führt im Budget 2015 die bereits ergriffenen Sparmassnahmen fort (z.B. Altersausflug nur jedes 2. Jahr, weniger Schneeräumung), verzichtet aber auf neue, tiefe Schnitte. Konkret genannt wurde eine einzige neue Sparmöglichkeit:  Tiefere Gemeindebeiträge an die Bestattungskosten brächten jährliche Minderausgaben von bis zu 24 000 Franken – wenigstens den Verstorbenen tät’s nicht weh.

Von einer  Schliessung des Schwimmbades will der Gemeinderat vorderhand nichts wissen. Man habe Wege gefunden, wie man die Anlage ohne teure Gesamtsanierung noch eine Zeitlang betriebstüchtig halten kann. Hohe Wasserverluste, mit denen früher der hohe Sanierungsbedarf begründet wurde, konnten offenbar eingedämmt werden, ohne dass dafür viel Geld in die Hand genommen werden musste.

Der Gemeinderat bleibt bei seiner Politik, Bauland nicht zu verkaufen, sondern allenfalls (wie im Gatterächer Ost) im Baurecht abgeben. Dies sei nachhaltiger als der kurzsichtige Verkauf, weil über Jahre hinaus Einnahmen aus Baurechtszinsen anfallen und Preissteigerungen beim Bauland weiter der Gemeinde zu Gute kommen.

Momentan auch nicht vorgesehen ist ein Verkauf der Technischen Betriebe (TBW), obwohl dies laut Gemeinderat Nico Kunz einen zweistelligen Millionenbetrag in die Kasse spülen könnte. Viel wert ist vor allem das Elektrizitätswerk, doch bevor 2018 der Strommarkt ganz liberalisiert wird (und auch Kleinkunden ihren Stromlieferanten frei wählen können), erachtet der Gemeinderat einen Verkauf als ungünstig. Vom defizitären Kommunikationsnetz will man sich nicht trennen, weil ein Verkauf  höchstens 1,3 Millionen Franken einbrächte und ein Gewinn im übernächsten Jahr möglich scheint.

Wer nach dem diesjährigen 500 000-Franken-Sparpaket auf weitere einschneidende Sparmassnahmen hoffte, den mögen die Ausführungen der Gemeinderäte zu den Sparmöglichkeiten in ihren Ressorts enttäuschen. Die Zitrone ist ausgepresst, so lassen sich die Ausführungen zusammenfassen.

Das sehen vermutlich nicht alle so. So hat Franz Müller, der sozusagen als finanzpolitischer Sprecher der CVP agiert, in aufwändiger Arbeit die Ausgaben verschiedener Bezirksgemeinden mit jenen von Würenlos verglichen. Die Resultate scheinen durchaus noch Sparpotential aufzuzeigen.

Doch nackte Zahlen sind das eine, richtige Schlussfolgerungen daraus ziehen das andere. Ex-Gemeinderat Johannes Gabi wies an der Info-Veranstaltung zu Recht darauf hin, dass  solche Zahlenvergleiche spezielle Charakteristiken einer Gemeinde, zum Beispiel die Wachstumsdynamik von Würenlos, nicht berücksichtigen.

Hört man sich um, so ortet dennoch fast jede Würenloserin, jeder Würenloser noch irgendwo Sparpotenzial. Warum müssten gleich zwei Gemeindearbeiter im Auto auf Robidog-Tour, fragte ein Bürger exemplarisch. Weshalb nicht ein Mann genüge, müsse doch erklärt werden können. Auch relevantere Budgetposten als die Robdogs sind durchaus erklärungsbedürftig. Weshalb kostet ein Musikschüler in Würenlos mehr Steuerfranken als in anderen Gemeinden, obwohl unsere Elternbeiträge die höchsten sind?

Oder warum sind die allgemeinen Verwaltungskosten pro Einwohner höher als in Untersiggenthal, Oberrohrdorf, Fislisbach, Neuenhof und Spreitenbach? Eine Antwort darauf versprachen sich viele von einer nun vorliegenden externen Verwaltungsanalyse. Ihr Fazit, so Gemeindeammann Hans Ueli Reber: Die Gemeindeverwaltung funktioniert gut.  Die Analyse soll nun so umgesetzt werden, dass die Geschäftsleitung der Verwaltung (Gemeindeschreiber, Bauverwalter, Finanzverwalter und TBW-Leiter) gestärkt und mit mehr Kompetenzen ausgestattet werden. Vor allem auch zur Entlastung des Gemeinderates. Billiger wird die Verwaltung dadurch wohl nicht.

Weil das Vertrauen in den Sparwillen von Behörden und Verwaltung nicht überall vorhanden ist, wird die Steuererhöhung gewiss nicht sang- und klanglos über die Bühne gehen. Kritische Stimmen sind wichtig, um den Sparwillen weiter zu befeuern. Sie sollten aber die Stimmberechtigten nach 2013 nicht ein zweites Mal dazu verleiten, allein auf die Sparkarte zu setzen. Das eine tun und das andere nicht lassen, also Steuern erhöhen und weiterhin Ausgabendisziplin üben – dieses Vorgehen wird Würenlos weiter bringen.