Archiv der Kategorie: Planen, bauen, wohnen

“Alterszentrum darf nicht an übertriebenem Ortsbild- und Denkmalschutz scheitern” (Gastbeitrag)

Autor Matthias Rufer ist Verwaltungsrat der Alterszentrum Würenlos AG (also der Bauherrin im laufenden Baubewilligungsverfahren) und Vorstandsmitglied des Vereins Alterszentrum Würenlos. Er schreibt auch im Namen dieses Vereins.

Das Baugesuch für das Alterszentrum Würenlos ist aktuell durch eine unvollständige Stellungnahme der kantonalen Abteilung für Baubewilligungen blockiert. In den Medien und in diesem Blog wurde mit Getöse berichtet, dass die kantonale Denkmalpflege das Alterszentrum in der vorliegenden Form aus Ortsbildsicht als nicht genehmigungsfähig erachtet. Die Abteilung für Baubewilligungen hat diese Stellungnahme unreflektiert übernommen und verlangt eine Projektüberarbeitung. 

Das Amt für Baubewilligungen hat aber weder die Stellungnahmen der weiteren betroffenen kantonalen Stellen eingeholt, noch eine Güterabwägung vorgenommen und damit seine Arbeit nicht gemacht. Immerhin hat derselbe Kanton, der in Form der Denkmalpflege nun eine Bebauung der Zentrumswiese zumindest teilweise verneint, der Gemeinde Würenlos seit über 60 Jahren die Bebaubarkeit der Zentrumswiese bestätigt. Schon im Zonenplan von 1956 ist die ganze Zentrumswiese als Zone für öffentliche Bauten ausgeschieden. Es besteht ein Anspruch auf Bebauung. Der offensichtliche Widerspruch der kantonalen Beurteilungen muss durch den Kanton, durch das Amt für Baubewilligungen, gelöst werden. Dabei darf nicht nur die auf wackeligen Beinen stehende, allein defizit-orientierte Beurteilung der Denkmalpflege einfliessen, sondern es sind alle Interessen zu berücksichtigen, wie z.B. der Innenentwicklungsauftrag an Gemeinden des „urbanen Entwicklungsraums“ wie es Würenlos ist, die Schaffung einer seit langem überfälligen Infrastruktur für die Seniorinnen und Senioren von Würenlos, die durch dieses Projekt mögliche gemeinsame Verkehrserschliessung von Alterszentrum und künftiger Rössli-/Post-Bebauung und vor allem auch die massive Aufwertung der Zentrumswiese durch die Umgebungsgestaltung im Zusammenhang mit dem Alterszentrumsprojekt. Künftig wird die ganze Bevölkerung die Zentrumswiese nutzen können. Der Furtbach wird zugänglich, Wege und Sitzgelegenheiten werden geschaffen. 

Betrachtet man nüchtern, was auf der Zentrumswiese neu an Positivem geschaffen wird und was verloren geht, ist der Kampf mit Zähnen und Klauen um den freien Blick auf die nicht mehr als solche zu erkennende Alte Mühle nicht nachvollziehbar.

Für das Alterszentrumsprojekt ist es wichtig, dass der Kanton seine halbfertige Stellungnahme von Ende April 2022 nun dringlich ergänzt. Sondierungen haben ergeben, dass der Kanton dazu keinen Anlass sieht. Der Verein Alterszentrum Würenlos startete daher eine Petition zuhanden von Regierungsrat Stephan Attiger, um ihm mit einer grossen Anzahl Unterschriften das Interesse der Würenloser Bevölkerung zu dokumentieren und ihn dadurch zu veranlassen, seine Abteilung für Baubewilligungen mit dem Erstellen einer vollständigen Stellungnahme und einer echten Güter- und Interessenabwägung zu beauftragen.

Wer dieses Anliegen unterstützen möchte, kann dies auf der Plattform petitio.ch unter diesem Link machen: https://www.petitio.ch/petitions/1oAmL

Ein «Funkloch», viel Konkurrenz und ein Boykottaufruf

Nicht nur die Sommerhitze, sondern auch die Bedürfnisse der Online-Gesellschaft sorgen für heisse Köpfe in Würenlos. Sammeleinsprachen besorgter Bürger*innen blockieren Baugesuche für neue 5G-Antennen und jetzt ruft die IG 5G Mitsprache z’Würelos die Liegenschaftseigentümer gar dazu auf, ihre Liegenschaften keinesfalls als Antennenstandort zur Verfügung zu stellen. Die Swisscom kündet derweil die Umrüstung ihres Festnetzes auf Glasfaserkabel an und bringt damit die Technischen Betriebe Würenlos TBW ins Schwitzen.

Die IG Mitsprache 5G z’Würelos hat bisher vor allem mit Information über Mobilfunkantennen und ihre Auswirkungen durch die Strahlenbelastung und mit Aufrufen zu Sammeleinsprachen gegen geplante 5G-Antennen von sich reden gemacht. Nun geht sie einen Schritt weiter. In ihrem Mailing an rund 300 Empfänger*innen ruft die IG die Würenloser Bevölkerung auf, keine Antennenstandorte auf ihren Liegenschaften zur Verfügung zu stellen.

Nur wenn alle Liegenschaftseigentümer den Lockangeboten mit hohen Mieten für einen Antenne auf dem eigenen Grundstück, wie jüngst offenbar im Buechquartier geschehen, eine Absage erteilten, so die IG, könnten die Mobilfunkkonzerne dazu gezwungen werden, endlich auf Information, Koordination und Nachvollziehbarkeit bei der Evaluation von Antennenstandorten zu setzen.

Denn genau dazu seien sie schon seit 2009 aufgrund einer Vereinbarung zwischen den Mobilfunkkonzernen und dem kantonalen Departement Bau, Verkehr und Umwelt über verpflichtet. Gemäss Baudepartement wenden die meisten Aargauer Gemeinden die Vereinbarung an, darunter auch Würenlos. Es geht vor allem darum, dass Mobilfunkanbieter möglichst viele Antennenstandorte gemeinsam nutzen und so ein völliger Antennen-Wildwuchs verhindert wird. 

«Empörend» ist für die IG, «dass von dieser Vereinbarung leider nichts zu spüren ist!» Beispiel: das Gewerbegebiet beim Bahnhof. Dort sind in den letzten Monaten Baugesuche für gleich drei 5G-Antennen auf engstem Raum gestellt worden. Von der Swisscom an der Grundstrasse, von Sunrise hinter der neuen Landi (als Ersatz für die abgebrochene Antenne bei der heutigen Landi-Tankstelle) und von Salt hinter einem Gewerbebau nahe der neuen Steinhof-Überbauung. Gegen alle Gesuche sind Einwendungen vor allem aus Anwohnerkreisen eingegangen mit jeweils mehreren hundert Unterschriften. Als «ersten hoffnungsvollen Schritt» wertet die IG immerhin, dass in Würenlos für die Antennenbelange eine Arbeitsgruppe innerhalb der Planungskommission ins Leben gerufen worden ist.

Es gibt aber auch Würenloser, die sich über mangelhaften Empfang im Dorf ärgern und deshalb gerne mehr Antennen sähen. «Ich habe Homeoffice und bin darauf angewiesen», klagte Michael Keunecke unlängst in einem «Limmatwelle»-Artikel. Der Mobilfunkempfang und das Internet über eine zweite SIM-Karte seien momentan so schlecht, dass kaum daran zu denken sei, sinnvoll von zu Hause aus arbeiten zu können. «Nun muss ich jeden Tag nach Winterthur ins Büro fahren, was eigentlich völlig unnötig ist. »

«Überaus ärgerlich» ist laut «Limmatwelle» der mangelhafte Empfang auch für die Technischen Betriebe Würenlos TBW, so deren stellvertretende Geschäftsführer Kevin Milo. Denn auch die TBW nutzen laut Limmatwelle für ihre Mobile-Kunden die Sunrise-Antennen. Diese Kunden sind indessen für die TBW weit weniger bedeutsam als jene, welche vom TBW Kommunikationsleistungen via Kabelnetz beziehen. Laut Geschäftsbericht 2021 der Einwohnergemeinde standen diesen 1108  Kunden gerade mal 62 Mobile-Kunden gegenüber.

Doch bei den Kommunikationsdienstleistungen (TV, Internet, Festnetztelefonie) ist die Swisscom ein harter Konkurrent für die TBW. Die Swisscom baut ihr Glasfasernetz iim Dorf aus und lockt Liegenschaftenbesitzer mit dem Versprechen «Der Anschluss der Zukunft, die Glasfaserverkabelung, ist schneller als jede andere Verkabelung». Die Hauseigentümer werden eingeladen, den von den Netzbetreibern und Hauseigentümerverband gemeinsam erarbeiteten Glasfaser-Erschliessungsvertrag abzuschliessen. Näheres dazu erfahren Hauseigentümer aus Unterlagen, die ihnen von der Swisscom-Tochter Cablex per Post zugestellt werden. 

Die Ausbaupläne der Swisscom haben umgehend eine Reaktion der TBW ausgelöst. In den aktuellen Gemeindenachrichten (auf der Gemeinde-Website und am Donnerstag in der «Limmatwelle») erklären sie: «Dieser Ausbau ist nicht mit den Technische Betriebe Würenlos abgesprochen und hat keinen Einfluss auf die Signallieferung resp. die Internetdienstleistung des Kommunikationsnetzes der Technische Betriebe Würenlos. Sämtliche Dienstleistungen von tbwnet werden weiterhin in vollem Umfang und ohne Einschränkungen zur Verfügung stehen, und dies in der gewohnt guten Qualität und Zuverlässigkeit.» 

Wer weiss, vielleicht wird für Michael K. Homeoffice doch noch möglich. Nur halt über das etwas weniger leistungsfähige, langsamere Glasfaserkabel der Swisscom statt über Mobilfunk.  Freuen würde das wohl auch die IG Mitsprache 5G z’Würelos. Ihr sind ausschliesslich drahtlose Internetverbindungen bis in jede Wohnung ein Dorn im Auge, weil sie die via Mobilfunk zu sendende Datenmenge nur unnötig vergrössern würden.  

Alterszentrum: Gemeinderat hat Stellung genommen

Am 21. Juni hat der Gemeinderat nun doch Stellung genommen zu dem von würenblicker publik gemachten Brief des kantonalen Departements Bau, Verkehr und Umwelt zum Projekt des Alterszentrums Würenlos. Ferienbedingt wird würenblicker erst in der ersten Julihälfte näher darauf eingehen. Auch wenn er die Stellungnahme nicht direkt erhalten hat, möchte würenblicker die Stellungnahme seinen LeserInnen, die vermutlich nicht vollzählig zur Leserschaft der AZ-Medien gehören, nicht vorenthalten. Hier die Links zur offiziellen Stellungnahme und zum Bericht im Badener Tagblatt darüber.

Alterszentrum: Möckel bestätigt “Schwierigkeiten” mit Aarau

Stich in ein Wespennest. Am Dienstag, 7. Juni, vor Tagesanbruch sind an dieser Stelle zwei Artikel zum Alterszentrum erschienen. Sie brachten ans Licht, dass beim Gemeinderat bereits Ende April ein Brief aus Aarau eingetroffen ist. Darin teilt die kantonale Abteilung für Baubewilligungen mit, dass  sie das bei ihr hängige Verfahren zum Alterszentrum vorerst aussetzt. Solange bis das Bauvorhaben auf den nördlichen und/oder westlichen Teil der Zentrumswiese verschoben ist. 

Die beiden Artikel machten das drohende Aus für das schon dritte Alterszentrum-Projekt zum Dorfgespräch. Dem Gemeinderat und der Alterszentrum Würenlos AG als Bauherrin aber hat es erst einmal acht Tage lang die Sprache verschlagen. Den von Würenblicker veröffentlichte Brief aus Aarau hätte man lieber noch unter dem Deckel gehalten.

Erst als 9 Tage später auch das «Badener Tagblatt», gestützt auf würenblicker und eigene Recherchen, das Thema aufgriff, äusserte sich erstmals auch Toni Möckel, Gemeindeammann und VR-Präsident der  Alterszentrum Würenlos AG. (Link zum zahlungspflichtigen BT-Artikel). Nicht zum Brief aus Aarau und seinem Inhalt, wegen des laufenden Verfahrens.  Aber er bestätigte laut BT, dass es «Schwierigkeiten» gebe: «Es finden Gespräche mit dem Kanton statt.» 

Hat er mit einer ablehnenden Haltung der kantonalen Denkmalpflege gerechnet, fragte das BT. Möckel: «Gerechnet nicht, das wäre ja fahrlässig gewesen. Wir sind immer davon ausgegangen, dass es eine Interessenabwägung geben wird zwischen baurechtlichen und denkmalpflegerischen Aspekten. Und dass es einen Ermessensspielraum gibt. Wir hatten nie eine Klarheit darüber, dass ein Teil der Zentrumswiese nicht überbaut werden darf. Ansonsten hätte das Land ja umgezont werden müssen.»

Die Erklärung Möckels steht in teilweises Widerspruch zu Aussagen vom Kanton. Heiko Dobler von der kantonalen Denkmalpflege sagte dem BT, dass die Denkmalpflege im Frühjahr 2021 an einem Gespräch mit der Gemeinde und den Projektverfassern die Gelegenheit gehabt habe, «die denkmalpflegerische Sichtweise einzubringen». Und weiter wörtlich: «An der grundsätzlichen Einschätzung hat sich seither nichts geändert, insofern deckt sich die jetzige schriftliche Stellungnahme weitgehend mit den damaligen Aussagen.» Kommt dazu, dass die Denkmalpflege schon 2013 in einem Brief an die Gemeinde (Möckel gehörte damals schon dem Gemeinderat an und an die Ortsbildschutzkommission geschrieben hatte, ein Überbauen der Zentrumswiese sei «grundsätzlich in Frage gestellt». 

Nach dem Standortentscheid 2013 zugunsten der Zentrumswiese hatten die Stimmberechtigten (auch würenblicker) dem Gemeinderat einen grossen Vertrauensbonus gewährt. Indem sie mehrfach Ja sagten: zu zusätzlichem Landerwerb auf der Zentrumswiese, zur Gründung der Alterszentrum Würenlos AG und zum Baurecht für diese AG.

Der Vertrauensbonus scheint nun aufgebraucht  zu sein.  Zwar wurden in den letztjährigen Wahlen die vier erneut kandidierenden Gemeinderatsmitglieder komfortabel wiedergewählt, am schlechtesten allerdings Gemeindeammann Möckel. Vor und nach den Wahlen wurde der Gemeinderat 2021 aber tüchtig abgestraft:

Niederlagen im Multipack an der Dezember-Gemeindeversammlung:
1. Der Verkauf des Postareals zu dubiosen Bedingungen gestoppt;
2. Der Ausbau des Rössliweges (Ost) zurückgewiesen;
3. Der Zusatzkredit für den Gemeindehaus-Umbau in der Referendumsabstimmung abgelehnt (zuvor noch an der Gmeind mit Stichentscheid Möckels bewilligt).

Aushubdeponie Steindler torpediert: 1060 ablehnende Eingaben von WürenloserInnen zwangen den Gemeinderat richtiggehend, seinen Antrag, die Deponie auf Würenloser Boden in den kantonalen Richtplan einzutragen, zurückzuziehen.

Der Vertrauensverlust ist auch Folge der von diversen Seiten immer wieder kritisierten Kommunikationspolitik im Gemeindehaus. Sie geht so: Offenheit, wenn es darum geht, Erfolge und Wohltaten für die Bevölkerung zu zeigen. Verschweigen, schön- oder kleinreden wenn’s nicht rund läuft. Sollte es im Gemeinderatsgremium Mitglieder geben, die das anders machen würden, so setzen sie sich nicht durch. 

Mein publizistisches Vorpreschen am 7. Juni mag einige verärgert haben. Aber die Veröffentlichung des Briefes aus Aarau war überfällig. Dass dem Projekt der Alterszentrum Würenlos AG ernsthafte Gefahr droht, hätte den Eigentümern der AG sofort zur Kenntnis gebracht werden müssen. Eigentümer der AG sind weder der Gemeinderat noch der Verein Alterszentrum Würenlos noch der VR der AG. Sondern wir, die Stimmberechtigten und Steuerzahlenden.

Jetzt nimmt es die Öffentlichkeit natürlich brennend wunder, wie es weitergeht auf der Zentrumswiese. Darüber muss möglichst rasch Klarheit herrschen. Auch wenn andere Geschäfte wie die Revision der Allgemeinen Nutzungsplanung nicht weniger dringlich sind. Sollte sich abzeichnen, dass eine “Zurück an den Start”-Lösung am raschesten zu einem Alterszentrum – auf der Zentrumswiese oder woanders – führen könnte, darf vor diesem Entscheid und seiner Bekanntgabe nicht zurückgeschreckt werden. Spätestens ein planerischer Neuanfang müsste aus meiner Sicht aber von frischen, unvoreingenommenen Kräften an den wichtigsten Schaltstellen initiiert und begleitet werden.

würenblicker wurde in den letzten Tagen so stark beachtet wie noch nie in seiner bald 9-jährigen Geschichte. In den ersten 11 Tagen nach Veröffentlichung wurden rund 2400 BesucherInnen gezählt (ein Besuch sind 1 oder mehrere Aufrufe vom gleichen Endgerät aus innert 30 Minuten). Und noch nie hat ein Beitrag so viele «Likes» (Däumchen nach oben) von Lesenden erhalten wie der Gastkommentar von Heinrich Nüssli: Bis 5. Juli schon fast 400.